Kein besonderes Verfahren für 110-jährigen Flüchtling

Herr Azizi und seine Tochter Sarfema Azizi.
Foto: epd-bild/Bundespolizei Deggendorf
Herr Azizi und seine Tochter Sarfema Azizi.
Kein besonderes Verfahren für 110-jährigen Flüchtling
Familie aus Afghanistan wird in Hessen untergebracht
Hochbetagte Flüchtlinge bekommen keine besondere Behandlung: Der in Deutschland angekommene angeblich 110 Jahre alte Afghane muss offenbar das ganze Asylverfahren durchlaufen.

"Es gibt grundsätzlich keine Ausnahmeregelungen für Asylsuchende ab einem bestimmten Alter", sagte eine Sprecherin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg am Mittwoch auf epd-Anfrage. Der hochbetagte Afghane wurde entsprechend dem Verteilsystem von Flüchtlingen ins hessische Gießen weitergeleitet, dort wurde er mit seiner Familie für den späten Nachmittag erwartet.

Ein Asylverfahren dauert im Durchschnitt ein halbes Jahr. Während der Zeit sind die Asylbewerber für mehrere Woche in einer Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht, später in Gemeinschaftsunterkünften oder dezentral in Wohnungen und Pensionen. Die Bundesamts-Sprecherin betonte, dass für die Unterbringung jedes Bundesland selbst zuständig sei. Es könne daher durchaus sein, dass der 110-jährige Afghane in einer Pflegeeinrichtung unterkomme.

"Die Geschichte klingt durchaus glaubwürdig"

Der Greis sollte unterdessen vom Roten Kreuz am Gießener Bahnhof abgeholt und "ohne Wartezeit" in einer Gießener Erstaufnahmeeinrichtung aufgenommen werden. Er werde möglicherweise auch ärztlich untersucht, sagte eine Sprecherin des Regierungspräsidiums Gießen. Geplant sei zunächst eine Unterbringung in einem Familienzimmer.  

Der hochbetagte Afghane war nach Polizeiangaben am Montag mit seiner Familie in Passau angekommen. Der gebrechliche Mann habe trotz der Strapazen einen insgesamt guten Eindruck gemacht. Er könne nur wenige Meter mit einem Krückstock gehen, zudem sei er blind und taub, sagte ein Polizeisprecher dem epd.



Nach Angaben der 60-jährigen Tochter ist der Mann 110 Jahre alt. Während der einmonatigen Flucht durch mehrere Länder sei er überwiegend getragen worden. Insgesamt gehörten zur Familie drei Männer, zwei Frauen und vier Kinder aus vier Generationen. Ihre Flucht begründete die Tochter damit, dass die Taliban drei ihrer Brüder getötet hätten und die Gegend um ihren Heimatort Baglan zunehmend unsicher geworden sei. "Ihre Geschichte klingt durchaus glaubwürdig", sagte der Polizeisprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd), die Angaben könnten jedoch nicht überprüft werden.

Das Bundesamt zählte nach eigenen Angaben bis Ende August knapp 257.000 neue Anträge auf Asyl, darunter waren 1.565 Asylbewerber, die 65 Jahre oder älter sind. Insgesamt wurden bis zum 31. August nach Zahlen des Bundesinnenministeriums fast 392.200 Flüchtlinge in Deutschland registriert.