EKD: Deutschland muss bei Flüchtlingsaufnahme in Vorleistung gehen

Flüchtlinge warten Anfang September am Ostbahnhof in Budapest auf ihre Weiterfahrt nach Westen. Auf Zetteln steht "SOS", "Help"oder "We want bus".
Foto: dpa/Boris Roessler
Flüchtlinge warten am Ostbahnhof in Budapest auf ihre Weiterfahrt nach Westen.
EKD: Deutschland muss bei Flüchtlingsaufnahme in Vorleistung gehen
Kirchenvertreter fordern Beratungszentren statt Hotspots
Vertreter der evangelischen Kirche und der Diakonie sehen Deutschland für die nächste Zeit weiter in der Pflicht, mehr Verantwortung für Flüchtlinge zu übernehmen als andere EU-Länder.

Mittel- und langfristig müssten Staaten, die derzeit noch nicht vollständig in der Lage sind, Asylrechtsstandards umzusetzen, unterstützt werden, sagten der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) beim Bund, Martin Dutzmann, und der Berliner Bischof Markus Dröge am Mittwoch in Rom.

"In der Konsequenz heißt das auch, dass so lange noch nicht alle Länder Flüchtlinge in ausreichendem Maß aufnehmen und integrieren können, die starken Länder in Europa - zum Beispiel Deutschland und Schweden - in Vorleistung gehen müssen", erklärten der Bevollmächtige und Dröge, der auch Mitglied im Rat der EKD ist. Man werde "einen langen Atem" brauchen.

Flüchtlinge brauchen Informationen über Zielländer

Dröge und Dutzmann hatten sich am Dienstag ein Bild von der Lage der Flüchtlinge in Italien gemacht. In Rom besuchten die Theologen ein inoffizielles Aufnahmezentrum. Staatliche Strukturen zur Unterstützung von Flüchtlingen gibt es in den Land nicht. Zugleich kommen dort weiter Zehntausende Flüchtlinge über das Mittelmeer an. Zuvor hatten die EKD-Vertreter gemeinsam mit Diakonie-Präsident Ulrich Lilie Flüchtlingslager in Griechenland und Serbien besucht.

Skeptisch äußerten sich die Vertreter von EKD und Diakonie zu den von der EU geplanten Hotspots zur Registrierung und Verteilung von Flüchtlingen in Griechenland und Italien. Dröge, Dutzmann und Lilie warnten vor einer abschreckenden Wirkung dieser Einrichtungen. Die Menschen würden sich nicht abhalten lassen, in Europa Schutz zu suchen, erklärten sie. Hotspots würden allenfalls "die Taschen der Schlepper füllen".



Stattdessen sprechen sich EKD und Diakonie für Registrierungs- und Beratungszentren aus, in denen Flüchtlinge erfasst werden, dann aber zunächst mit einer befristeten Aufenthaltsgenehmigung weiter in das Land ihrer Wahl reisen dürfen bis das Asylverfahren abgeschlossen ist. "Wir müssen dafür sorgen, dass Flüchtlinge realistische Informationen über die Zielländer erhalten", erklärten die Theologen. Sie müssten registriert werden, um die Aufnahme in Europa zu steuern. Dem Asylverfahren dürfe dort aber nicht vorgegriffen werden.

Dröge, Dutzmann und Lilie drangen zum Abschluss der Reise auf schnelle Hilfe für Flüchtlinge besonders in den Ländern, wo dies derzeit nicht gesichert ist. Es müsse schnell gehandelt werden. In Griechenland, Italien und Serbien bekommen Flüchtlinge derzeit nur das Notwendigste zum Überleben: Essen, Trinken und Hygieneartikel. Feste Übernachtungsmöglichkeiten gibt es kaum. Vor dem bevorstehenden Winter scheint die Lage damit besonders dramatisch.