Man müsse sie ernst nehmen, die neue Agenda, forderte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon die versammelten Staats- und Regierungschefs auf. Die 193 UN-Mitglieder hatten gerade die Nachhaltigkeitsziele mit ihren 17 Haupt- und 169 Unterpunkten beschlossen. "Diese Ziele sind eine Aufgabenliste für die Menschheit und den Planeten. Jetzt müssen wir diese Ziele nutzen, um die Welt zu verändern."
Der erste Lackmustest für die Ernsthaftigkeit der Weltgemeinschaft wird der Klimagipfel sein, der im Dezember in Paris stattfindet. Denn Nachhaltigkeitsziel 13 fordert "umgehendes Handeln, um den Klimawandel und seine Folgen zu bekämpfen." Und tatsächlich handeln derzeit immer mehr Nationen.
Die USA und China nutzten das Umfeld des Gipfels, um weitreichende Klimaziele bekannt zu geben, die selbst Greenpeace als wegweisend lobte. Indonesien und Südafrika stellten Klimaziele vor, Brasilien sollte am Sonntag folgen. Selbst das kleine Peru kündigte an, seine Emissionen bis 2030 um fast ein Drittel zu senken. Von allen großen Emittenten weigert sich bislang nur Indien, weitreichende Versprechen zu machen.
Probleme bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele
Doch das Beispiel Klima zeigt auch die möglichen Probleme bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele auf. Denn Versprechen alleine lösen keine Probleme. "Die Diskussion ums Technische ist noch lange nicht zu Ende", glaubt Marwin Meier, der für die Entwicklungsorganisation World Vision an der Erarbeitung der Gesundheitsziele beteiligt war. "Wenn man Änderungen erreichen möchte, dann muss man Geld in die Erhebung verlässlicher Daten investieren."
World Vision hat für die kommenden fünf Jahre drei Milliarden US-Dollar zugesagt, um beizutragen, die Kinder-, Jugend- und Müttersterblichkeit bis 2030 auf Null zu bringen. Und Meier will nachvollziehen können, ob dieses Ziel dann auch wirklich erfüllt ist. "Ansonsten verkündet irgendwer in 15 Jahren, dass alle Ziele erreicht wurden, und niemand kann es überprüfen." Im Frühjahr 2016 wollen die UN einen Katalog von gut 300 Indikatoren vorstellen, mit denen die Fortschritte gemessen werden sollen. Auch von ihnen wird abhängen, ob 2030 die beschworene sozial-ökologische Transformation erreicht wurde oder doch nur ein Transformatiönchen.
Der andere entscheidende Faktor ist die Finanzierung. Am Wochenende wurden erste Milliardenzusagen gemacht. Unternehmen kündigten die Unterstützung der Nachhaltigkeitsziele an. Auch bereits gemachte Finanzierungsverpflichtungen für die Entwicklungshilfe sollen an den Nachhaltigkeitszielen ausgerichtet werden. "Geld ist genug vorhanden, es muss nur richtig eingesetzt werden", glaubt etwa der Chef des UN-Umweltprogramms (UNEP), Achim Steiner. Viele der bis 2030 nötigen Investitionen wären ohnehin fällig. Die neue UN-Agenda sorgt nur dafür, dass sie nachhaltig getätigt werden sollten.
Dass das wirklich gelingt, hängt vielleicht am meisten davon ab, dass der in New York immer wieder beschworene Druck aus der Gesellschaft tatsächlich entsteht. Neue Bündnisse wurden am Wochenende immer wieder gefordert. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD wird zur Umsetzung der Agenda mit der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung kooperieren. Viele UN-Organisationen planen UNEP-Chef Steiner zufolge bereits, wie sie ihre Arbeit an die Agenda 2030 anpassen können. Bürgermeister, Parlamente, Umwelt- und Entwicklungsgruppen haben ihre Unterstützung angekündigt.
Der als Mr. Sulu aus dem Raumschiff Enterprise bekannte George Takei, dem 1,75 Millionen Menschen im sozialen Netzwerk Twitter folgen, setzte sich am Wochenende zusammen mit Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und anderen für die UN-Nachhaltigkeitsziele ein. Diese ließen sich nur erreichen, wenn jeder Mensch über einen Internetzugang verfüge, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Auch solche Unterstützer braucht es, um die Welt von unten zu verändern - und die Nachhaltigkeitsagenda zu verwirklichen.