Von Cranach bis Playmobil

epd-bild/Sascha Willms
Das Eisenacher Lutherhaus wird nach zweijähriger Sanierung und Erweiterung am Samstag wiedereröffnet.
Von Cranach bis Playmobil
Das sanierte Eisenacher Lutherhaus ist
mit seiner neuen Ausstellung für das Reformationsjubiläum gut
gewappnet
Ohne Heldenpathos und Heiligenschein: Der Rundgang zu «Luther und die Bibel» in Eisenach verzichtet nicht auf kostbare Exponate - und zeichnet dennoch von der Reformation und ihren Folgen ein eher nüchternes Bild.

Eisenach (epd)Das jüngste Exponat ist noch in Arbeit. Doch in der neuen Ausstellung des Eisenacher Lutherhauses, das nach zwei Jahren Umbau und Erweiterung am Samstag feierlich wiedereröffnet wird, ist die "Revision 2017" der Lutherbibel schon jetzt präsent: An einer Multimedia-Station gibt der Thüringer Altbischof Christoph Kähler geduldig Auskunft über die von ihm geleitete Überarbeitung des Bibeltextes, der Ende 2016 als Buch vorliegen soll und zum 500. Jubiläum der Reformation für die evangelischen Kirchen verbindlich wird.

"Luther und die Bibel" heißt die nunmehr vierte Dauerausstellung im Lutherhaus, das als Museum bereits seit 1956 in "Luthers lieber Stadt" an den Reformator erinnert. Ob der junge Martin Luther (1483-1546) einst als Lateinschüler tatsächlich in dem stattlichen Gebäude aus dem 14. Jahrhundert lebte, ist unter Fachleuten umstritten. "Zumindest aber gehörte es der wohlhabenden Patrizierfamilie Cotta, die sich um den Lateinschüler aus Eisleben kümmerte", sagt Museumsleiter und Kurator Jochen Birkenmeier.

Kleinigkeiten zeigen Zusammenhänge

Mit den Bauarbeiten der vergangenen Jahre ist in eines der ältesten Häuser Eisenachs und Thüringens moderne Museumsatmosphäre eingezogen. Der seitliche gläserne Anbau mit Ticketkasse, Museumsshop und viel Platz für Sonderausstellungen ermöglicht zudem in einem lichten Treppenhaus den barrierefreien Zugang in den historischen Fachwerkbau. Dort erschließt sich das Thema in großzügig bestückten Vitrinen.

Die Exponate reichen von Gemälden aus der Cranach-Werkstatt über wertvolle Bibelausgaben vergangener Jahrhunderte und mittelalterliche Schnitzplastik bis zu Luther-Souvenirs in unterschiedlichsten Varianten - darunter auch die heiß begehrte Playmobil-Figur des Reformators. Sie dürfe im Umfeld der Popularisierung der Lutherbibel "natürlich nicht fehlen", sagt Birkenmeier. Die Figur sei mit der Bibel von 1534 und der Schreibfeder "ganz eindeutig als Bibelübersetzer dargestellt".

Birkenmeier hat vor seinem Wechsel nach Eisenach in Eisleben die neue Ausstellung in Luthers Sterbehaus gestaltet. Das damalige Anliegen eines möglichst niederschwelligen Zugangs zum Thema bestimmt auch den neuen Rundgang am Eisenacher Lutherplatz. Dabei sind es oft Kleinigkeiten, die beinah beiläufig auf größere Zusammenhänge verweisen. Etwa die Gegenüberstellung von Abendmahlsgerät aus der Zeit vor und nach 1517: Mit der Reformation wurden die Abendmahlskelche größer, weil beim Abendmahl nach dem Brot der Wein auch für die Gemeinde reichen musste.

Bibel als Massenware

"Unser Museum soll wissenschaftlichen Kriterien ebenso gerecht werden wie den Besuchererwartungen an eine kulturgeschichtliche Ausstellung zur Reformationszeit und ihren Folgen", resümiert Birkenmeier. Bei der Darstellung zu Luthers Biografie und zum theologischen Hintergrund seiner Bibelübersetzung wird auch auf frühere Übertragungen verwiesen. Ein weiterer Aspekt ist die Wirkungsgeschichte der Lutherbibel in Musik, Sprache und Literatur. "Im 18. Jahrhundert wurde die Bibel zur Massenware", sagt Birkenmeier und verweist auf die 1710 in Halle gegründete Cansteinsche Bibelanstalt.

Erstmals kommt im neuen Rundgang das antisemitische "Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben" in den Blick, das die systemnahen "Deutschen Christen" in der NS-Zeit in der Eisenacher Bornstraße etablierten. Die "entjudete Bibel" des berüchtigten "Entjudungsinstituts" sei "ein krasses Beispiel für eine fehlgeleitete 'Revision' des Bibeltextes", betont Birkenmeier.

Leistungen und Grenzen

"Wir wollen deutlich machen, dass es vor, neben und nach Luther auch andere theologische Positionen gibt und Luthers Auffassungen durchaus infrage gestellt und diskutiert werden dürfen", fügt der Kurator hinzu. Den Besucher erwartet denn auch keine Heldenverehrung, sondern ein insgesamt eher nüchternes Lutherbild. Es zeigt die Leistungen des Reformators auf, aber auch seine Grenzen. Damit erscheint der Rundgang durchaus geeignet, sich mit populären Legenden und Vorurteilen zu Luther und der Überlieferung auseinanderzusetzen.

Für die vor zwei Jahren gegründete Stiftung Lutherhaus Eisenach als Träger ist das neue Museum ein wichtiger Meilenstein für das große Reformationsjubiläum in zwei Jahren. Um den bis zu 100.000 erwarteten Besuchern ein modernes Haus mit einer zeitgemäßen Präsentation bieten zu können, wurden insgesamt rund vier Millionen Euro investiert. Dazu gehören auch die Ausgaben für moderne Sicherungstechnik, die Vorgänge wie vor zwei Jahren den Diebstahl von Lutherschriften künftig verhindern soll. Die drei gestohlenen Originaldrucke aus dem 16. Jahrhundert sind noch immer verschwunden - und die Ermittlungen ohne Ergebnis eingestellt.