Hildesheim (epd)Er verspreche sich an diesem Brennpunkt angesichts des Andrangs von Flüchtlingen eine Atempause, sagte der Wissenschaftler am Montag im epd-Gespräch. Vor allem sei die Maßnahme aber ein "Weckruf an die europäischen Partner".
Rettung des Schengen-Abkommens
Die Bundesregierung hatte am Wochenende verfügt, dass einreisende Personen an der Grenze zwischen Deutschland und Österreich wieder kontrolliert werden. In den Vortagen waren Zehntausende Flüchtlinge über diese Grenze ohne die eigentlich vorgeschriebene Registrierung in die Bundesrepublik gelangt. Auch Österreich und die Slowakei kündigten am Montag Grenzkontrollen an. Im Zuge des Schengener Abkommens waren sie abgebaut worden.
Nach Ansicht Pudlats trägt die Maßnahme der deutschen Regierung auch zur Rettung des Schengen-Abkommens selbst bei. "Schengen lebt vom wechselseitigen Vertrauen, und jeder Mitgliedstaat muss darauf zählen können, dass die gemeinsamen Standards überall eingehalten werden - gerade an den Außengrenzen", sagte er mit Blick auf die Behandlung von Flüchtlingen etwa in Ungarn. Funktioniere das nicht, dann stehe die Errungenschaft von Schengen selbst über kurz oder lang zur Diskussion. Pudlat ist stellvertretender Leiter des Instituts für Geschichte der Universität Hildesheim.
Frist von bis zu 30 Tagen
Das Ziel der Schengen-Abkommen sei immer Kontrollfreiheit unter Beibehaltung der Sicherheit und Ordnung gewesen, betonte er. Die Schengen-Regeln sähen genau deshalb auch vorübergehende Grenzkontrollen ausdrücklich vor. Den Schengen-Verträgen zur Abschaffung der stationären Kontrollen sind alle EU-Staaten mit Ausnahme Großbritanniens, Irlands und Zyperns beigetreten. Zudem gehören Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein zu den Schengen-Staaten.
Zur zeitweise Wiedereinführung von Grenzkontrollen müsse eine "schwerwiegende Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit" vorliegen, erläuterte Pudlat. Dies sei in den Verträgen zwar nicht genauer definiert. In der Vergangenheit seien aber schon befürchtete Ausschreitungen bei Politik- oder Sportereignissen ein allgemein akzeptierter Grund gewesen.
Für die Grenzschließung sieht der Schengener Kodex dem Wissenschaftler zufolge zunächst eine Frist von bis zu 30 Tagen vor. Diese könne aber jeweils um 30 Tage verlängert werden, sofern sich die Lage nicht geändert habe und die EU-Kommission sowie die anderen Schengen-Mitglieder unterrichtet würden. Als "Ultima Ratio" gelte eine Zeitdauer von bis zu zwei Jahren. Dies müsste allerdings von der Europäischen Kommission vorgeschlagen und vom Ministerrat gestattet werden, sagte Pudlat.