Mit Natalia Verzhbovska aus der Ukraine wird erstmals eine Frau als Rabbinerin in Nordrhein-Westfalen tätig. Sie ist für die liberalen jüdischen Gemeinden Köln, Oberhausen und Unna zuständig.
Ihre Aufgabe sei es, in den Gemeinden des liberalen Landesverbandes die jüdische Tradition und das Wissen darüber zu stärken, sagte Verzhbovska. Wichtig sei es zudem, das Judentum auch den künftigen Generationen zu überliefern. Die drei Mitgliedsgemeinden der Union Progressiver Juden in Köln, Oberhausen und Unna zählen rund 400 Mitglieder.
Zu Rabbinern ordiniert wurden zudem Eli Reich, Sonja Keren Pilz und Alexander Grodensky sowie der Kantor Annon Selig. Grodensky wird Gemeinderabbiner im luxemburgischen Esch. Sonja Keren Pilz aus Berlin, die in Gemeinden in Deutschland und in der Schweiz arbeitet, will ihre wissenschaftliche Karriere fortsetzen. Der in Schweden geborene Reich, der in Israel studierte, lehrte in den vergangenen Jahren in amerikanischen Synagogen. Selig, der unter anderem in einem jüdischen Forschungszentrum an der Universität Erfurt arbeitet, kündigte an, eine Doktorarbeit zu schreiben.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) würdigte die Ordination der jüdischen Geistlichen als ein positives Zeichen. Sie wisse, dass es für die jüdische Gemeinschaft weder leicht noch selbstverständlich sei, Deutschland wieder als Heimat zu sehen, sagte Kraft in dem Festakt. Deshalb sei dies ein großer Tag der Freude und Dankbarkeit. Kraft versicherte, dass die Landesregierung alles tue, "um jede Form von Antisemitismus und jede Gefährdung des jüdischen Lebens in unserem Land mit allen Mitteln des Rechtsstaates zu verfolgen".
Zu der Ordinationsfeier war auch Thüringens Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) erwartet worden. Weitere Teilnehmer waren der Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, und der Präsident der Allgemeinen Rabbinerkonferenz, Henry G. Brandt. Laut Abraham-Geiger-Kolleg werden 4.500 Gläubige der mehr als 100.000 Juden in Deutschland der liberalen Richtung zugerechnet. Weltweit sind von 4.000 Rabbinern rund ein Viertel Frauen.
Die ersten Absolventen des Rabbinerseminars, das nach dem jüdischen Reformer Abraham Geiger (1810-1874) benannt ist, wurden 2006 in Dresden ordiniert. Seitdem wurden 20 Rabbiner und sechs Kantoren in ihre Ämter eingeführt. Das Abraham-Geiger-Kolleg führt die Tradition der 1872 eröffneten und 1942 von den Nazis geschlossenen Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums fort.
Berlinerin war 1935 weltweit erste Rabbinerin
Als erste Rabbinerin seit der Schoah wurde in Deutschland 2010 Alina Teiger ordiniert, die ebenfalls Absolventin des liberalen Rabbinerseminars ist. In liberalen jüdischen Gemeinden in Deutschland bereits zuvor tätige Rabbinerinnen hatten ihre Ausbildung in anderen Ländern erhalten. Die Berlinerin Regina Jonas war 1935 die weltweit erste Frau, die zur Rabbinerin ordiniert wurde. Ausüben konnte sie ihren Beruf nur mit Einschränkungen, weil die jüdischen Gemeinden sie nur als Religionslehrerin akzeptierten. 1942 wurde Regina Jonas von den Nazis zusammen mit ihrer Mutter nach Theresienstadt deportiert und 1944 in Auschwitz ermordet.