In Sachsen ist es in der zweiten Nacht in Folge zu rechtsextremen Ausschreitungen vor einer Flüchtlingsunterkunft gekommen. Nach dem Gewaltausbruch in der Nacht zu Samstag in Heidenau bei Pirna seien vor der Asyl-Notunterkunft in der Nacht zu Sonntag erneut Polizisten angegriffen worden, teilte die Polizei am Sonntag in Dresden mit. Aus einer Menge von rund 250 Personen heraus seien die Beamten "anhaltend massiv mit Steinen, Flaschen, Feuerwerkskörpern und Baustellenmaterialien" beworfen worden.
Tillich kündigt konsequentes Vorgehen gegen Täter an
Bundes- und Landespolitiker verurteilten die rechtsextremen Ausschreitungen scharf. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) kündigte am Sonntag ein konsequentes Vorgehen gegen die Täter an. "Mich erschüttern die Ereignisse zutiefst", erklärte Tillich in Dresden: "Wir lassen uns das nicht bieten, wir werden mit aller Macht dagegen vorgehen." Die Ausschreitungen und die erschreckende Gewalt gegen Polizisten und Schutz suchende Flüchtlinge seien ein Ausdruck von Menschenhass. In Heidenau habe eine Minderheit "brutal gegen Werte und Gesetze Deutschlands" verstoßen.
Vize-Bundeskanzler Sigmar Gabriel (SPD) forderte, "mit aller Härte" gegen die rechtsextremen Exzesse vorzugehen. "Wir dürfen nicht nur nach dem Aufstand der Anständigen rufen", sagte Gabriel am Sonntag im ARD-Sommerinterview im "Bericht aus Berlin". Gefordert sei auch der Anstand der Zuständigen.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bezeichnete die Ausschreitungen als beschämend. "Jeder, der die Flüchtlinge beleidigt oder gar tätlich angreift, wird die volle Konsequenz des Rechtsstaats zu spüren bekommen", sagte er dem Berliner "Tagesspiegel" (Montagausgabe). Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte bereits am Samstag ein hartes Durchgreifen gefordert.
Die Grünen im Bundestag kritisierten Bundes- und Landespolitik. Wenn ein rechter Mob in zwei Nächten nacheinander Menschen bedrohen könne, sei das Gewaltmonopol des Staates in Gefahr, erklärte die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt am Sonntag in Berlin. Heidenau sei eine "direkte Folge der falsch verstandenen Toleranz der sächsischen Landesregierung gegenüber Pegida". Göring-Eckardt warnte zugleich vor einem "neuen rechten Terrorismus à la NSU". Sie könne die Zögerlichkeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), hier die richtigen Worte zu finden, nicht mehr verstehen.
Bei den Ausschreitungen in der Nacht zu Samstag sei die Polizei mit 136, in der Nacht zu Sonntag mit 170 Beamten im Einsatz gewesen, hieß es. In der Nacht zu Sonntag sei ein Beteiligter vorläufig festgenommen, gegen 65 Personen seien Platzverweise ausgesprochen und von 23 Personen die Identität festgestellt worden. Der Polizeieinsatz vor der neu eingerichteten Notunterkunft für Asylsuchende in einem ehemaligen Baumarkt wurde den Angaben zufolge am Sonntag fortgesetzt.
Bei den Ausschreitungen in der Nacht zu Samstag wurden nach Polizeiangaben 31 Beamte verletzt, darunter einer schwer. Rund 600 Demonstranten hatten dort versucht, die Unterbringung Asylsuchender zu verhindern. Dem Gewaltausbruch war eine Demonstration der rechtsextremen NPD vorausgegangen, an der sich rund 1.000 Menschen beteiligten. Die ersten Flüchtlinge wurden nach dem Ende der Krawalle in der Nacht zu Samstag unter Polizeischutz in den früheren Baumarkt in einem Gewerbegebiet gebracht.