"Wenn wir politisch Verfolgte aufnehmen, dann gewähren wir keinen Gnadenakt, sondern garantieren ein Grundrecht", sagte Kretschmann der "Stuttgarter Zeitung" (Samstagsausgabe) in einem Interview. Dieser Rechtsanspruch sei eine "gigantische zivilisatorische Errungenschaft".
"Für politisch Verfolgte ist das Boot nie voll", fügte er hinzu. Grundrechte seien weder verhandelbar noch quantitativ begrenzt. Ein großer Schutz von politisch Verfolgten bestehe darin, dass sie "nicht der Frage unterliegen, ob wir ihre Aufnahme bewältigen können".
Allerdings müsse man zwischen politisch Verfolgten und Wirtschaftsflüchtlingen unterscheiden. Der Ministerpräsident plädierte dafür, Wirtschaftsflüchtlingen durch ein Einwanderungsgesetz eine Perspektive zu geben. Mit Blick auf den Balkan sprach er sich für "legale Einwanderungsmöglichkeiten" aus, die Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten in Deutschland eröffneten.
Fakt sei, dass Menschen aus aller Welt in Deutschland lebten. Wer sich im eigenen Land fremd fühle, müsse an seiner eigenen Einstellung arbeiten. "Fremdheitsgefühle beim Anblick von Menschen mit dunkler Hautfarbe oder anderen uns fremden Merkmalen müssen wir kulturell überwinden", sagte Kretschmann. Das bedürfe einer gewissen Anstrengung, aber solche Gefühle hätten keine rationale Grundlage und führten nur zu Rassismus. "Es gibt keine deutsche Leitkultur mit Ausnahme der Sprache. Und die kann man lernen", sagte Kretschmann.