Die Berliner CDU ist mehrheitlich gegen eine Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Dieses Ergebnis der Mitgliederbefragung gaben Landesparteichef Frank Henkel und CDU-Generalsekretär Kai Wegner am Freitag bekannt. Wegen der Bedeutung der Frage und des uneinheitlichen Stimmungsbildes waren alle 12.500 Berliner CDU-Mitglieder aufgerufen, sich an der Befragung zu beteiligen. Mehr als ein Drittel nutzte diese Möglichkeit.
Die Berliner CDU-Mitglieder konnten auf die Frage antworten, ob "auch gleichgeschlechtliche Paare die Ehe eingehen können". Vorgegeben waren insgesamt sieben Antwortmöglichkeiten, von "stimme voll und ganz zu" bis "stimme überhaupt nicht zu", die Mitglieder konnten sich auch enthalten oder angeben, dass sie "das Thema nicht wichtig" finden.
Jüngere Mitglieder für die Ehe für alle, ältere dagegen
Knapp 4.800 Mitglieder hätten sich beteiligt, sagte Henkel, der auch Innensenator von Berlin ist. "Voll und ganz" für die Öffnung der Ehe votierten 35 Prozent von ihnen, 45 Prozent machten ihr Kreuz bei "stimme überhaupt nicht zu". Auf die anderen Antwortmöglichkeiten entfielen nur geringe Zahlen. So enthielt sich ein Prozent, drei Prozent fanden das Thema nicht wichtig. Die Antworten "stimme eher zu" und "stimme eher nicht zu" hielten sich mit jeweils sieben Prozent die Waage. "Teils/teils" sagten zwei Prozent.
Dabei wuchs die Ablehnung der Homo-Ehe mit steigendem Alter. Waren bei den 16- bis 29-jährigen CDU-Mitgliedern immerhin 61 Prozent für die Öffnung der Ehe, sank der Wert bei den über 60-Jährigen auf 21 Prozent.
Henkel sagte, er selbst glaube, dass es über kurz oder lang zu einer vollständigen Gleichstellung von Ehe und eingetragener Partnerschaft kommen muss. Das Abstimmungsergebnis müsse jedoch akzeptiert werden. Es habe gezeigt, dass die CDU in Berlin "eine lebendige Mitmachpartei" sei. Die Form der Mitgliederbefragung in solchen gesellschaftspolitischen Debatten sei ein Zukunftsmodell. Für die Berliner Regierungskoalition bedeute das Ergebnis indes "nichts".
Das Votum der Hauptstadt-Union stieß fast durchweg auf Enttäuschung, nur das katholische Erzbistum Berlin äußerte sich positiv. Politiker von Grünen, Linken, Piraten und FDP zeigten sich hingegen frustriert und sprachen der Landes-CDU ab, eine moderne Hauptstadtpartei zu sein.
Berlins Koalition kriselt über "Ehe für alle"
Grünen-Landeschef Daniel Wesener sprach von einem "Sieg der Reaktionäre". Bodo Mende vom Vorstand des Berliner Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) nannte das Ergebnis "peinlich". Es schade dem Ansehen Berlins in der Welt. "Die gesamte Bevölkerung Irlands ist weiter als die Berliner CDU", sagte er. Zu Recht habe die Partei die Meinungsführerschaft in nahezu allen deutschen Großstädten verloren.
Seit dem Ja der Iren vom Mai zu einer völligen Gleichstellung homo- und heterosexueller Partnerschaften ist auch in Deutschland die Debatte darum wieder entbrannt. Grüne und Linkspartei dringen auf eine Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben, die SPD hat sich auch wiederholt dafür ausgesprochen. Da der Koalitionspartner Union aber bislang gegen eine komplette Gleichstellung ist, ist ein entsprechendes Gesetz auf Bundesebene bisher nicht absehbar.
Auch in der Berliner Regierungskoalition hatte das Thema für Streit gesorgt. Bei einer Abstimmung hatte sich das Land im Bundesrat entsprechend des Koalitionsvertrages enthalten. Wegen der klaren Zustimmung der Landes-SPD zur "Ehe für alle" war zwischenzeitlich auch über einen Bruch der Berliner Regierungskoalition spekuliert worden. Ein neuer Senat wird regulär nach der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus 2016 gebildet.