Die meisten Fragen, die das Ende des Lebens beträfen, seien bereits gut geregelt, sagte Neitzke der "Neuen Presse" Hannover (Samstagsausgabe). "Die Suizidhilfe ist zulässig, wenn nicht eine andere für den betroffenen Menschen sinnvolle Hilfe möglich ist", unterstrich der Mediziner. Deshalb müsse die Gesetzeslage nicht geändert werden. "Die Theorie reicht also aus, wir müssen uns um die offenkundigen Baustellen in der Praxis kümmern."
Jeder habe das Recht, auf eine Therapie zu verzichten oder sie abzubrechen, sagte Neitzke. "Es gibt ein Recht auf gute palliative Versorgung, um das Leiden am Lebensende zu lindern." Allerdings wendeten nicht alle Ärzte die Regeln auch angemessen an. "Zulässige Formen der Hilfe beim Sterben werden nicht ausreichend genutzt."
Gesellschaft und Ärzteschaft bewegten sich beim Thema Suizidbeihilfe nicht und trieben sterbewillige Menschen so in die Hände von selbsternannten Sterbehelfern, kritisierte der Mediziner. Es sei nicht sinnvoll, Ärzte mit der Aufgabe der Suizidhilfe gesetzlich zu betrauen, bevor das Vertrauen nicht wieder hergestellt sei. "Allerdings werden Ärzte im Moment auch durch ihre Standesvertretungen gegängelt und packen das Thema Suizidbegleitung deshalb nicht an."
Im Herbst will der Bundestag eine Regelung zum Umgang mit der Suizidbeihilfe verabschieden. Über das ethisch schwierige Thema wird über Fraktionsgrenzen hinweg beraten. Im Mittelpunkt steht dabei der assistierte Suizid, die Hilfe bei der Selbsttötung. Sie steht in Deutschland nicht unter Strafe. Bei der Suizidbeihilfe werden Sterbewilligen beispielsweise todbringende Medikamente überlassen.
Nicht zur Debatte steht die aktive Sterbehilfe, bei der Todkranken Medikamente direkt verabreicht werden und die unter Strafe steht. Die passive Sterbehilfe, das Sterbenlassen etwa durch Abschalten der Geräte, ist politisch nicht umstritten und soll erlaubt bleiben.