"Auch wenn ein praktizierender Muslim mehrere Stunden fastet, davor und danach aber reichlich isst und trinkt, ist Fasten für seinen Körper nicht von vornherein schädlich", sagte Ilhan Ilkilic, Muslim und Mitglied im Deutschen Ethikrat, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch wenn Fasten anstrengend sei, könne man diese religiöse Praxis nicht automatisch mit einer Gesundheitsgefährdung gleichsetzen.
Der Ramadan ist der jährliche Fastenmonat der Muslime. Zwischen Morgendämmerung und Sonnenuntergang ist es Gläubigen nicht gestattet, zu essen und zu trinken sowie Medikamente einzunehmen. Außerdem verzichten sie auf Geschlechtsverkehr und Rauchen. In Deutschland fasten gläubige Muslime in diesem Jahr etwa 17 Stunden am Tag.
Schwangere, menstruierende Frauen, Kinder, sehr alte oder kranke Menschen, oder solche, die dringend Medikamente benötigen, seien von der Fastenpflicht ausgenommen, sagte der Mediziner und Philosph Ilkilic, der an der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität lehrt und forscht: "Im Koran steht explizit: Die Kranken sind davon freigestellt." Eine Alternative sei, das Fasten nachzuholen oder durch eine Spende an Arme zu ersetzen.
Oft befänden sich praktizierende Muslime, die krank sind, jedoch fasten möchten, in einem ethischen Konflikt: "In einer solchen Situation kann sich die Person von einem Arzt oder einem Imam Rat holen", sagte Ilkilic. Dabei solle eher das Wohlbefinden des Menschen im Vordergrund stehen als die Gesundheit.
"Aus der Praxis weiß ich, dass sich schon ein Krebspatient im Endstadium gegen die letzte Chemotherapie und für das Fasten entschieden hat, um vor Gott all seine religiösen Pflichten geleistet zu haben", sagte Ilkilic, der zum Gesundheitsverhalten von Muslimen forscht. Wenn der Patient so klare ethische Vorstellungen habe, solle man diese respektieren und nicht von außen Druck ausüben.
Generell entschieden sich viele gläubige Muslime für das Fasten, auch wenn sie dadurch negative gesundheitliche Folgen zu befürchten hätten. "40 bis 70 Prozent der Diabetes-Patienten, die Medikamente nehmen müssen, fasten - obwohl sie wissen, dass sie es nicht müssten", sagte Ilkilic. Die Motivation sei vor allem die spirituelle und soziale Erfahrung des Fastens, die der Gläubige mit anderen gemeinschaftlich erleben wolle.