Vor der Bundestagsdebatte zur Sterbehilfe haben Ethiker auf die Grenzen gesetzlicher Regelungen hingewiesen. Das gesamte "Spektrum an weltanschaulich unterschiedlichen Positionen" zum Thema Sterbehilfe in einem Gesetz angemessen abzubilden, hält die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Christiane Woopen, für schwierig. "Egal welche Gesetzesinitiative sich durchsetzt, es sind letztlich alles Handlungseinschränkungen und Verbote", gab die Medizinethikerin aus Köln in einem vorab veröffentlichen Interview mit der Wochenzeitung "Das Parlament" zu bedenken.
Der Ethiker Klaus Tanner sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), bei der Selbstbestimmung am Lebensende gehe es an vielen Stellen um Einzelfallentscheidungen und ärztliche Verantwortung. Der Heidelberger Theologe plädierte daher dafür, die derzeitige Rechtslage nicht zu verändern und warnte vor eine Überregulierung.
Suizid ist in Deutschland derzeit nicht strafbar, demnach ist auch die Beihilfe zum Suizid nicht strafbar, wenn der Betroffene etwa ein todbringendes Medikament selbst einnimmt. Ob dies so bleibt, ist Gegenstand der politischen Diskussion. Demgegenüber steht Tötung auf Verlangen in Deutschland unter Strafe.
Pauschalverbot von Sterbehilfe "stigmatisiert"
Am Donnerstag berät der Bundestag in erster Lesung über den gesetzlichen Umgang insbesondere mit Sterbehilfe-Vereinen. Vier Gruppenanträge wurden dazu ins Parlament eingebracht. Sie reichen von einem kompletten Verbot der Hilfe bei der Selbsttötung bis hin zu einer ausdrücklichen Erlaubnis der umstrittenen Sterbehilfe-Vereine, die Sterbewilligen Hilfe beim Suizid anbieten. Für diese Gewissensfrage wurde der Fraktionszwang aufgehoben. Eine Abstimmung ist für Donnerstag noch nicht vorgesehen.
Die Ethikratsvorsitzende Woopen lehnt kommerzielle Sterbehilfe strikt ab. "Geschäfte damit zu machen, Menschen zum Tode zu verhelfen, ist jenseits dessen, was eine Gesellschaft ethisch vertreten könnte", sagte sie. Ärzten sollte ihrer Ansicht nach hingegen mehr Spielraum gegeben werden. Zwar sei die Suizidhilfe keine ärztliche Aufgabe. "Die Landesärztekammern sollten jedoch ihre Berufsordnungen so vereinheitlichen, dass eine Gewissensentscheidung des Arztes in tragischen Ausnahmesituationen respektiert und nicht durch ein Pauschalverbot stigmatisiert wird", sagte Woopen, die Medizin und Philosophie studiert hat und an der Kölner Universität lehrt.
Die Bundesärztekammer hat in ihrem Standesrecht ein Verbot der Suizidbeihilfe festgeschrieben. Diese Standesordnung wurde allerdings nicht von allen 17 Landesärztekammern übernommen. Der Heidelberger Theologe Tanner forderte daher von der Ärzteschaft eine Diskussion über die unterschiedlichen Regelungen. Sterbehilfe sei keine Aufgabe der Ärzte, "aber es gibt Einzelfallentscheidungen, die sind möglich und ethisch legitim", sagte Tanner, wissenschaftlicher Leiter der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft. Es gebe für den Arzt immer eine individuelle Gewissensentscheidung, die auch unter der jetzigen Rechtslage möglich sei.