Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes rief unter liberalen Bürgerrechtlern am Freitag Jubelstürme hervor. "Liebe hat gewonnen" und "Gleiche Rechte, gleiche Liebe" stand auf Plakaten von Aktivisten, die vor dem Gerichtsgebäude auf das Urteil gewartet hatten. Präsident Barack Obama twitterte: "Heute machen wir einen großen Schritt hin zur Gleichberechtigung." Er begrüßte die Entscheidung als "Sieg für Amerika".
Konservative Gruppen zeigten sich dagegen entsetzt. Vertreter der katholischen Kirche und der Baptisten sprachen von einem großen Fehler.
Am Freitag hatte der Oberste Gerichtshof die Homo-Ehe landesweit erlaubt. Die Ehe sei ein Grundrecht, das schwulen und lesbischen Paaren nicht verweigert werden dürfe, urteilten die Richter in Washington. Gleichgeschlechtliche Paare dürfen demnach künftig in allen US-Bundesstaaten heiraten. Dem Urteil war ein jahrelanger Rechtsstreit vorausgegangen. Die Entscheidung im Supreme Court fiel mit fünf zu vier Stimmen. Die Bürgerrechtsorganisation "Human Rights Campaign" berichtete von gleichgeschlechtlichen Paaren im ganzen Land, die noch am Tag des Urteils zum Standesamt gegangen seien.
Katholische Bischofskonferenz entsetzt
Erzbischof Joseph Kurtz, Präsident der römisch-katholischen Bischofskonferenz der USA, äußerte sich empört über den Richterspruch. Das Urteil sei ein "tragischer Fehler" und "zutiefst unmoralisch", sagte er. Der Chef-Ethiker des Südlichen Baptistenverbandes, Russell Moore, beklagte, Christen seien nun "Fremde in der amerikanischen Kultur". Die Richter missachteten, dass die Ehe seit Tausenden von Jahren als Bund von Mann und Frau definiert werde.
Die öffentliche Meinung zur Öffnung der Ehe für Homosexuelle hat sich in den USA innerhalb weniger Jahre drastisch verändert. Laut einer Umfrage des Instituts "Pew Research Center" in diesem Monat befürworten 57 Prozent der US-Amerikaner die Gleichstellung. 2005 hatten sich nur 36 Prozent für die Homo-Ehe ausgesprochen. Unter jungen Menschen liegt die Zustimmungsrate heute bei rund 70 Prozent.
Wie die "Washington Post" berichtete, denken Gegner der Homo-Ehe nun über Verzögerungsstrategien nach. Sie erwägen demnach, in manchen Bundesstaaten auf Gesetze gegen eine Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben zu drängen. Gerichtliche Auseinandersetzungen darum könnten sich Jahre hinziehen.
Der republikanische Justizminister des Bundesstaates Louisiana, James Caldwell, sagte der "New York Times", er finde "nichts in der heutigen Entscheidung, wonach das Urteil sofort rechtskräftig" ist. Auch sein Amts- und Parteikollege aus Mississippi, Jim Hood, betonte, der Richterspruch sei "nicht sofort rechtskräftig".
Vor dem Urteil war die Homo-Ehe bereits in 36 der 50 Bundesstaaten legal. Auseinandersetzungen werden nun in den 14 vom Urteil direkt betroffenen Staaten erwartet, darunter Texas, Louisiana, Alabama und Mississippi. Eine radikale Maßnahme ist im Landkreis Pike County in Alabama in Kraft getreten: Laut Online-Portal "al.com" hat dort der zuständige Beamte beschlossen, überhaupt keine Eheschließung mehr vorzunehmen.