Viele Christen verhielten sich Fremden und Andersgläubigen gegenüber unsicher und abwartend, sagte der Pastor der arabisch-deutschen evangelischen Gemeinde in Hannover am Rande einer Tagung der hannoverschen Landeskirche: "Aber der Bedarf bei denen, die kommen, ist da. Und der Strom der Flüchtlinge wird in den nächsten Monaten nicht abreißen."
Die meisten Neuankömmlinge suchten besonders zu Kirchengemeinden Kontakte. "Ihnen tut es gut, offen und ohne bedroht zu werden, über ihren Glauben und ihre oft schrecklichen Erlebnisse sprechen zu können", sagte der in Ägypten geborene und seit 1987 in Deutschland lebende Pastor dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Wenn wir ihnen offen, hilfsbereit und gastfreundlich entgegenkommen, tragen wir dazu bei, dass sie sich angenommen fühlen und diesem Land etwas zurückgeben."
Zum Essen einladen und Raum bieten
Einmal im Monat versammelten sich in seinem Gemeindezentrum 60 bis 80 Christen, Muslime und Yesiden, die aus Syrien, dem Irak, Eritrea, Palästina oder dem Sudan geflüchtet sind. "Wir kochen für sie Speisen, die sie aus der Heimat kennen, laden sie zum Essen ein, bieten Raum für Gespräche und feiern dann mit ihnen gemeinsam Gottesdienst", berichtete Youssif. Im Orient sei es üblich, dass Gäste immer zuallererst bewirtet würden: "Liebe geht nun mal durch den Magen."
Youssif ermutigte die Kirchengemeinden, sich auf Gebräuche anderer Kulturen einzulassen. Zwar befürchteten manche, dass die Arbeit mit Migranten sie sowohl personell als auch finanziell überfordern könne. Seiner Erfahrung nach seien zum Beispiel Einzelhändler oft bereit, Lebensmittel zu spenden, unterstrich der Pastor. Er selbst arbeite für ein Hausaufgaben-Projekt mit der kommunalen Freiwilligenagentur zusammen. "Der weit überwiegende Teil der rund 20 Ehrenamtlichen in diesem Projekt hat mit meiner Gemeinde darüber hinaus gar nichts zu tun. Na und?"
"Wir müssen den nichtchristlichen Flüchtlingen auch nicht gleich mit dem Evangelium kommen", betonte Youssif. Er sage seinen Gästen immer wieder, dass sie jederzeit frei seien zu gehen. "Für mich ist erst mal der Mensch wichtig, egal, was er glaubt. Wir wollen den Betroffenen ein Stück Sicherheit und Geborgenheit, aber auch Freiheit bieten - all das, was sie in ihrer Heimat entbehren mussten." Erst in einem zweiten Schritt solle es natürlich auch darauf ankommen, als Christ Farbe zu bekennen.