Aus Anlass des bundesweiten "Tags der Organspende" hat die niedersächsische Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) die Menschen in Deutschland dazu aufgerufen, einen Spendeausweis auszufüllen. "Schaffen Sie damit Klarheit für Ihre Angehörigen und für das medizinische Personal", sagte die Politikerin bei der zentralen Großveranstaltung in Hannover am Samstag. In neun von zehn Fällen entschieden die Angehörigen über eine Organspende, weil die Verstorbenen ihre Entscheidung nicht mitgeteilt oder dokumentiert hätten.
Organspende sei ein Thema, dass alle Menschen angehe, egal ob sie jung oder alt, arm oder reich seien, sagte Rundt laut Redemanuskript. "Jede und jeder Einzelne von uns kann ohne jede Vorwarnung in die Situation kommen, auf ein überlebenswichtiges Spenderorgan angewiesen zu sein." Wichtig sei vor allem die Auseinendersetzung mit dem Thema, betonte sie. In dem Ausweis könne zudem genau festgelegt werden, welche Organe gespendet werden sollten.
Bei einem ökumenischen Dankgottesdienst in der Marktkirche rief die evangelische Regionalbischöfin Ingrid Spieckermann in ihrer Predigt dazu auf, sich gut informiert mit dem Thema auseinanderzusetzen. Zwar sei die Zahl der Organspender wieder leicht gestiegen, dennoch warteten 944 Menschen allein in Niedersachsen auf ein Spenderorgan. Mit dem Thema seien oft mühsame Wege verbunden, die voller Ungewissheit, mit viel Mut und vielen Fragen gegangen würden.
Der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) zufolge kamen Zehntausende Besucher zu Informationsständen und einem Bühnenprogramm in die Innenstadt von Hannover. Zudem waren Organempfänger dazu aufgerufen, sich auf der Bühne für die "geschenkten Jahre" zu bedanken. Die Zeit nach den Transplantationen habe zusammengezählt rund 642 Lebensjahre ergeben, sagte eine Sprecherin.
Nach den Transplantationsskandalen an deutschen Kliniken im Jahr 2012 verzeichnet die DSO in diesem Jahr erstmals eine steigende Zahl von Organspenden. Von Januar bis Mai diesen Jahres habe es 375 Organspender gegenüber 357 Spendern im Vorjahreszeitraum gegeben, sagte der Medizinische Vorstand, Axel Rahmel, der "Neuen Presse" (Samstagsausgabe) in Hannover. "Diese Zahlen bedeuten für die Menschen auf der Warteliste eine vorsichtige Hoffnung."
Allerdings sei es noch zu früh, von einer "echten Trendwende" zu sprechen, mahnte Rahmel. Die Spenderzahlen seien schon immer von erheblichen monatlichen Schwankungen bestimmt. Der "Tag der Organspende" findet jedes Jahr am ersten Samstag im Juni statt. Seit 2008 gibt es dazu zentrale Veranstaltungen in wechselnden Städten.
Der Vorsitzende der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, kritisierte, dass die Veranstalter des Aktionstags nicht bereit seien, Probleme offen zu diskutieren und Lösungen anzubieten. Zuviel liege im Transplantationssystem noch im Argen. "Die Feststellung des Hirntodes macht in der Praxis immer wieder Probleme." Auch fehle ein Rechtsschutz für die Schwerkranken auf der Warteliste.
Zehntausende beim "Tag der Organspende" in Hannover
Zehntausende beim "Tag der Organspende" in Hannover
Erstmals seit den Transplantationsskandalen an deutschen Kliniken 2012 steigt die Zahl der Organspenden wieder an. Die Stiftung Organtransplantation spricht von einer "vorsichtigen Hoffnung" für schwer kranke Menschen.