Zwar teile er viele Schlussfolgerungen des Berliner Professors nicht, sagte Meister dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dessen Analyse enthalte aber auch Zutreffendes.
Slenczka, Professor der Berliner Humboldt-Universität, hatte in einem umstrittenen Aufsatz die Zugehörigkeit des Alten Testaments zum biblischen Kanon, also zu den Heiligen Schriften der Christen, infrage gestellt. Diese These stieß unter Fachkollegen und beim Koordinierungsrat der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit auf massive Kritik.
Die Debatte um die Geltung des Alten Testaments für Christen müsse immer wieder geführt werden, betonte Meister: "Mit einer pauschalen Aburteilung dieser Provokation helfen wir weder der Theologie noch den Gemeinden." In der Sache widersprach der evangelische Bischof dem Professor allerdings: "Man kann das Neue Testament ohne das Alte Testament gar nicht verstehen."
Das Alte Testament sei die "Grundlagenschrift" der christlichen Kirche. Es sei die erste und für viele Jahrzehnte die einzige heilige Schrift gewesen, an der sich die Christen in ihrem Glauben an Jesus Christus orientiert hätten. Das Alte Testament in seiner Bedeutung zurückzustufen, sei theologisch und historisch "hochproblematisch" und hätte massive Auswirkungen auf die Verhältnisbestimmung zum Judentum, sagte Meister.
Die Kirche müsse sich aber damit auseinandersetzen, dass das Alte Testament, also die hebräische Bibel, im Judentum ganz anders gelesen und gedeutet werde. Dies festzustellen, wie Slenczka es tue, habe noch nichts mit Antijudaismus zu tun. Weil sich aus solchen Fragen heraus jedoch Antijudaismus entwickeln könne, müssten sie immer wieder neu überzeugend beantwortet werden. Dabei dürfe die Diskussion nicht nur akademisch bleiben. Sie müsse auch die Kirchengemeinden und die Verkündigung erreichen, gerade um "Stammtischgerede" mit einer Abwertung des Alten Testaments zu vermeiden.
Von den Slenczka-Thesen hatten sich zuvor mehrere Bischöfe distanziert, unter ihnen Jochen Cornelius-Bundschuh aus Karlsruhe, Markus Dröge aus Berlin und Martin Hein aus Kassel. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, empfahl, die Debatte über den Status des Alten Testaments "nicht so hoch zuhängen".
Der Versuch, das Alte Testament auf die Ebene von apokryphen Schriften herabzustufen, ist aus seiner Sicht abwegig. Es stehe nicht infrage, dass das Alte Testament Teil der christlichen Bibel sei. "Jesus Christus ist ohne das Alte Testament nicht zu verstehen", sagte der bayerische Landesbischof. Slenczka ist stellvertretender Vorsitzender des Theologischen Ausschusses der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands.