Die SPD-Abgeordnete Kerstin Griese sagte am Dienstagabend in Berlin, sie rechne mit einem mehrheitsfähigem Vorschlag. Zusammen mit anderen Abgeordneten tritt sie für ein Verbot einer auf Wiederholung angelegten, sogenannten geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe durch Organisationen und Einzelpersonen ein. Griese zufolge wird derzeit intensiv an dem Antrag gearbeitet. Sie rechnet damit, dass er Ende Mai oder Anfang Juni vorgestellt wird.
Griese und ihre Fraktionskollegin Eva Högl kooperieren dabei nach ihren Angaben eng mit der Gruppe um Michael Brand (CDU) in der Union sowie Elisabeth Scharfenberg und Harald Terpe von den Grünen. Alle drei Gruppen hatten - damals noch durch Parteigrenzen getrennt - Positionspapiere vorgelegt, deren Inhalte sich weitgehend gleichen. Auch Parlamentarier der Linksfraktion unterstützten diese Position, sagte Griese. Sie äußerte sich am Dienstagabend bei einer Diskussion der Katholischen Akademie und der Juristen-Vereinigung Lebensrecht.
Im Bundestag wird derzeit über Fraktionsgrenzen hinweg über eine mögliche Neuregelung der Suizidbeihilfe beraten. Die Hilfe bei der Selbsttötung ist wie der Suizid selbst nicht strafbar. Sterbehilfeorganisationen und Ärzte, die Sterbewilligen beispielsweise todbringende Medikamente überlassen, handeln daher derzeit legal. Abzugrenzen ist diese Beihilfe von der Tötung auf Verlangen, bei der etwa Medikamente direkt verabreicht werden. Sie ist strafbar.
Bislang zeichnen sich für eine Neuregelung im Bundestag drei Positionen ab, wobei der Griese-Vorschlag einer ist. Eine Gruppe um die Abgeordneten Peter Hintze (CDU) und Karl Lauterbach (SPD) spricht sich demgegenüber dafür aus, Ärzten die Suizidbeihilfe ausdrücklich zu erlauben. Mediziner sind bei der Regelung ein Sonderfall: Suizidbeihilfe ist ihnen in der Regel durch das Standesrecht verboten.
Gänzlich gegen eine Neuregelung, sondern für den Erhalt auch der Sterbehilfevereine spricht sich eine Gruppe um Renate Künast (Grüne) aus. Die Grünen-Abgeordnete Katja Keul verteidigte diesen Plan bei der Diskussion in der Katholischen Akademie. Es sei nicht schlüssig, warum Suizidbeihilfe Organisationen verboten, Angehörigen aber erlaubt sein solle, sagte sie. Ein Verbot ist in ihren Augen eine Gefahr für ein Beratungsgespräch mit dem Arzt, das dann nicht mehr ergebnisoffen geführt werden könne. Zudem sagte sie, ein "unerwünschter Markt" mit Sterbehilfeorganisationen werde durch Verbote nicht ausgetrocknet.
Abgestimmt werden soll über ein Suizidbeihilfe-Gesetz wie bei ethischen Fragen üblich über Fraktionsgrenzen hinweg. Mehrheiten lassen sich daher schwer voraussagen. Am meisten Unterstützung scheint derzeit das von Griese befürwortete Verbot zu erhalten.
Der Jurist Ekkehart Reimer hält diesen Plan allerdings für am schwersten umzusetzen. Der Heidelberger Professor für öffentliches Recht sagte, die Unterstützung bei der Selbsttötung einigen zu verbieten, anderen aber nicht, sei aus gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten schwierig. Das Verbot organisierter Hilfe beim Suizid sei damit verfassungsrechtlich schwieriger zu rechtfertigen als ein vollständiges Verbot der Suizidbeihilfe, die jeden beträfe.