Volkswirtin: "Es herrschen teilweise noch traditionelle Geschlechterrollen"

Volkswirtin: "Es herrschen teilweise noch traditionelle Geschlechterrollen"
Die Wurzel des hohen Verdienstabstandes zwischen Männern und Frauen liegt nach Ansicht von Experten auch in noch herrschenden traditionellen Geschlechterrollen.
17.03.2015
epd
Miriam Bunjes

"Die Rolle der Frau als bloße Zuverdienerin ist in vielen Köpfen noch tief verankert", sagte Christina Boll, Forschungsdirektorin am Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut HWWI, dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Das spielt in Gehaltsverhandlungen mit hinein, in denen Chefs Frauen weniger anbieten als Männern und Frauen aber oft auch weniger fordern."

Auch in die Bewertung von Tätigkeiten, die als Frauenarbeit gelten, spiele diese Vorstellung hinein, sagte Boll. Dass sich der Lohnabstand zwischen den Geschlechtern zu weiten Teilen durch Merkmale wie längere Erwerbsunterbrechungen und einen geringeren Frauenanteil an Führungspositionen erklären lasse, "bedeutet nicht zwangsläufig, dass es an diesen Stellen keine Diskriminierung gibt", betonte die Volkswirtin.

Gründe für die häufige Teilzeitarbeit von Müttern sei zum Beispiel ein noch immer nicht ausreichendes Kitaplatz-Angebot vor Ort, aber auch "die gesellschaftliche Vorstellung von der Rabenmutter, die ihren Kindern mit der Arbeit schadet". Auch diese beeinflusse Arbeitsplatz-Entscheidungen - und ziele nur auf Frauen.

"Für Männer ist die Hauptverdienerrolle dagegen noch immer Standard - was ihren Druck erhöht, das Gehalt hoch zu verhandeln und die Arbeit zum Lebensmittelpunkt zu machen", so Boll. Mehr Transparenz über betriebliche Gehaltsstrukturen, wie von Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) geplant, fördere die Diskussion über leistungsgerechte Bezahlung und Bewertung von Arbeit. "Davon können Frauen nur profitieren."

Dass zum Beispiel die Verantwortung für Maschinen derzeit finanziell höher bewertet werde als die für Menschen - etwa in Pflege, Bildung oder Erziehung - führe zu einem Lohnabstand zwischen den Geschlechtern. "Auch gesamtwirtschaftlich betrachtet ist das der falsche Anreiz in diesen Zukunftsberufsfeldern", erklärte Boll.