Die Zahl der Abschiebungen aus Deutschland ist 2014 so hoch gewesen wie seit acht Jahren nicht mehr. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervorgeht, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, wurden im vergangenen Jahr 10.884 Menschen abgeschoben. Nahezu die Hälfte der Betroffenen kam dem Dokument zufolge, über das zuerst die "Neue Osnabrücker Zeitung" (Donnerstagsausgabe) berichtete, aus Balkanstaaten. 2.177 Serben wurden über den Luft- oder Landweg abgeschoben. Danach folgten Staatsangehörige aus Mazedonien, Kosovo, Albanien und Bosnien-Herzegowina auf den ersten Plätzen der Nationen, deren Bürger am häufigsten abgeschoben wurden.
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Die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke (Linke) kritisierte die Entwicklung scharf. Nach ihren Angaben war die Zahl der Abschiebungen seit 2006 gesunken bis zu einem erneuten Anstieg im Jahr 2013 (10.198). Vor 2006 lag die Zahl der Abschiebungen aber deutlich höher: 1994 wurden mehr als 53.000 Menschen abgeschoben, 2004 mehr als 23.000. Zuletzt höher als 2014 war die Zahl der Abschiebungen 2006 mit 13.894 Fällen gewesen.
Offenbar regelmäßig Menschen aus Syrien abgeschoben
Jelpke kritisierte, dass mehr als ein Drittel aller Abschiebungen in andere EU-Staaten erfolgt seien. Dies geschieht in der Regel auf Grundlage des Dublin-Systems, nach dem ein Flüchtling in dem Land Asyl beantragen muss, über das er in die EU eingereist ist. Jelpke erneuerte ihre Kritik an dem System: Um es durchzusetzen, "werden jährlich Tausende Menschen inhaftiert und abgeschoben - statt ihre Asylanträge zu prüfen, werden sie wie Verbrecher behandelt", sagte sie.
Unter diesen sogenannten Dublin-Fällen sind offenbar auch regelmäßig Syrer. Knapp 100 Menschen aus dem Bürgerkriegsland wurden im vergangenen Jahr aus Deutschland abgeschoben. Syrien als Zielland von Abschiebungen findet sich in der Statistik hingegen nicht. Für das Land gilt ein Abschiebestopp. In den Irak wurden dagegen der Statistik zufolge acht Menschen abgeschoben.
Bund rechnet mit weiterem Anstieg der Flüchtlingszahlen
Die Bundesregierung will die Praxis von Ausweisungen und Abschiebungen in Deutschland verschärfen. Ein entsprechendes Gesetz von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wurde bereits vom Kabinett gebilligt, vom Bundestag aber noch nicht beraten. Seiner Ansicht nach werden Ausweisungen und Abschiebungen bislang nicht strikt genug angewendet. Für den Vollzug sind vor allem die Bundesländer zuständig. Auch die Bundespolizei kann abschieben, 2014 tat sie es in 689 Fällen.
Derweil rechnet der Bund für dieses Jahr mit einem weiteren Anstieg der Flüchtlingszahlen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestätigte einen Bericht der "Bild"-Zeitung vom Donnerstag, wonach die aktuelle Prognose von 250.000 Asylerstantragsstellern und 50.000 Folgeanträgen ausgeht. 2014 registrierte die Behörde, die für die Bearbeitung der Asylgesuche zuständig ist, rund 173.000 Erst- und 30.000 Folgeanträge. Folgeanträge werden beispielsweise von Flüchtlingen gestellt, deren Gesuch bereits einmal abgelehnt wurde.
Debatte um Einstufung sicherer Herkunftsstaaten
Derzeit verzeichnet das Bundesamt einen starken Anstieg von Flüchtlingen aus dem Kosovo, was die Debatte um die Einstufung sicherer Herkunftsstaaten neu befeuert. Jelpke warnte vor schärferen Gesetzen: "Es ist ein Irrglaube, dass keine Asylsuchenden aus vermeintlich sicheren Ländern mehr kommen, wenn sie nur rücksichtslos genug abgeschoben werden." An ihren Gründen zur Flucht ändere dies nichts.
Der kosovarische Außenminister befürwortete indes Forderungen, sein Land als sicheren Herkunftsstaat einzustufen. In einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Donnerstagsausgabe) unterstrich er gleichzeitig seine Forderung nach einer Visa-Liberalisierung für Kosovaren.