In einem am Dienstag veröffentlichten Schreiben forderten die Kirchenvertreter eine "frische, moralische Vorstellung" darüber, wie Großbritannien sich in Zukunft entwickeln soll. Zugleich warnte die anglikanische Kirche davor, dass immer mehr Menschen Gleichgültigkeit gegenüber der Politik empfänden. Es sei die Pflicht eines jeden Christen, zu den Wahlurnen zu gehen, heißt es in dem 52-seitigen Schreiben des "Hauses der Bischöfe". Voraussichtlich am 7. Mai wird in Großbritannien ein neues Unterhaus gewählt.
In dem Schreiben bekräftigt die Kirche von England ihren Anspruch, sich in politische Debatten einzumischen. Armut, nukleare Verteidigung sowie das Wirtschafts- und Steuersystem seien für die Zukunft des Landes entscheidende Themen, von denen Menschen ihre Wahlentscheidung abhängig machen sollten. Dennoch sei der Brief keine Wahlempfehlung, sagte der Bischof von Buckingham, Alan Wilson. "Wir sagen den Menschen nicht, was sie wählen sollen, aber warum sie wählen sollten", ergänzte Wilson, der zu den Verfassern des Schreibens gehört.
Kritik am Hirtenbrief
Unterdessen gab es im konservativen Lager Kritik an dem Hirtenbrief. Die Tory-Abgeordnete Nadine Dorries sagte der BBC, die Kirche sei immer schweigsam, wenn Menschen sie nach ihrem Standpunkt fragten, aber sie sei schnell bei der Sache, wenn niemand sie nach ihrer Meinung gefragt habe. Die konservative Politikerin, warf die Frage auf, woher die Kirche etwa die moralische Autorität hernehme, um über Gleichberechtigung zu diskutieren. Schließlich habe sie gerade erst Bischöfinnen zugelassen.
Hingegen sagte Premierminister David Cameron, er befürworte eine politische Debatte im Land. Man habe Wachstum, Arbeitsplätze und Sicherheit geschaffen. "Ich hoffe, die Bischöfe begrüßen das." Der Politikwissenschaftler Paul Whiteley sagte, die politischen Aussagen des Schreibens kombinierten Positionen der Grünen und der Schottischen Nationalpartei mit etwas Labour-Politik. Die Zeiten, in denen die Kirche von England mit der Konservativen Partei verbunden war, seien vorbei, ergänzte der an der Universität Essex lehrende Wissenschaftler.