"Wenn diese Region eine Zukunft haben soll, dann braucht sie die Christen", sagte Tamcke am Montagabend in Köln. Nachdem Juden, Jesiden und Bahai bereits vertrieben worden seien, drohe nun auch ein Ende des christliche Erbes in der Region. Damit gehe den Gesellschaften ein wichtiges Element für ihre Entwicklung verloren.
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In der nordirakischen Metropole Mossul hätten Kämpfer des radikalislamischen "Islamischen Staates" (IS) zunächst die Häuser von Christen markiert. Später seien die Bewohner über Lautsprecher aufgefordert worden, entweder zum Islam überzutreten oder die Stadt zu verlassen. Nachdem in Mossul 1.800 Jahre lang Christen gelebt hätten, gebe es nun dort keine mehr. Die sunnitischen IS-Kämpfer zerstörten Tamcke zufolge neben Kirchen auch schiitische Moscheen.
In den Kriegen in Syrien und dem Irak hat ein Teil der Christen laut Tamcke seine ursprüngliche Haltung der Gewaltlosigkeit und Nichteinmischung aufgegeben. Angesichts von Gewalt und Vertreibung durch islamische Extremisten hätten sie keine andere Möglichkeit für sich gesehen, als zu den Waffen zu greifen. In beiden Ländern kämpften nun Christen an der Seite von kurdischen Gruppen. Allerdings sei unklar, wie sich die Kurden auf Dauer gegenüber den Christen verhalten würden.
Christen unterschiedlicher Konfessionen hätten eine große Rolle in der Kultur und Politik des Nahen Ostens im 19. und 20. Jahrhundert gespielt, erläuterte der Göttinger Theologieprofessor. Sie hätten Zeitungen, Theater und Universitäten gegründet. "Die Christen verstehen sich als Teile dieser Region", sagte Tamcke über die Rolle unter anderem der syrisch-orthodoxen, armenischen, chaldäischen Kirchen.