Vor dem Hintergrund von 200.000 Flüchtlingen im vergangenen Jahr sei es "absolut lächerlich, angesichts von 200 Kirchenasylen politisch so massiv zu reagieren", sagte Just dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Quantitativ ist das Kirchenasyl vollkommen irrelevant." De Maizière hatte erklärt, als Verfassungsminister lehne er das Kirchenasyl "prinzipiell und fundamental" ab.
"Protest gegen Inhumanität"
Diese Haltung sei schwer nachvollziehbar, sagte Just. Der emeritierte Professor für Ethik und Sozialphilosophie an der Evangelischen Fachhochschule Rheinland-Westfalen-Lippe hat die deutsche Kirchenasylbewegung mitbegründet und ist Ehrenvorsitzender der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft "Asyl in der Kirche". De Maizière sollte den Gemeinden vielmehr dankbar sein, "weil sie schwere Menschenrechtsverletzungen verhindern", betonte er und verwies darauf, dass bis zu 80 Prozent der Kirchenasyle mit der Aussetzung von Abschiebungen endeten.
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Das werfe "kein gutes Licht auf die Qualität des bundesdeutschen Asylverfahrens und auf die Praktikabilität der Dublin-Regelung", sagte der Theologe. Nach dieser Regelung haben Flüchtlinge, die über andere EU-Staaten einreisen, faktisch keine Möglichkeit, in Deutschland als asylberechtigt anerkannt zu werden. Kirchenasyle hätten in Deutschland seit 1983 viele Flüchtlinge vor unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung bewahrt, unterstrich Just.
Was die Gegner des Kirchenasyls offenbar störe, sei "das Zeichenhafte, das jedem Kirchenasyl anhaftet, der Protest gegen die Inhumanität und Ungerechtigkeit deutscher und europäischer Asylpolitik", sagte der 1941 geborene Ethik-Professor. Der Protest gegen diese Asylpolitik dürfe jedoch nicht zum Verstummen gebracht werden: "Den Kirchen ist zu danken, dass ein Zurückweichen vor dem Druck des Bundesinnenministers für sie nicht infrage kommt."