Die islam- und asylkritische "Pegida"-Bewegung hat am Sonntag in ihrer Hochburg Dresden wieder Tausende Menschen mobilisiert. Ihnen standen nach Augenzeugenberichten zwischen 1.000 und 2.000 linke Gegendemonstranten gegenüber. Die "Pegida"-Bewegung hatte eine Kundgebung mit 25.000 Teilnehmern in der Elbestadt angemeldet.
###mehr-artikel###Bei der Kundgebung auf dem Dresdner Theaterplatz suchte die "Pegida"-Sprecherin Kathrin Oertel demonstrativ den Schulterschluss mit einem der Organisatoren des Leipziger Ablegers "Legida". Die Leipziger "Pegida"-Variante ist nach Einschätzung des sächsischen Verfassungsschutzes gewalttätiger und ein Sammelbecken von Rechtsextremen und Hooligans. Die wöchentliche "Pegida"-Kundgebung in der sächsischen Landeshauptstadt war wegen einem für Montag geplanten Konzert von "Pegida"-Gegnern kurzfristig auf Sonntag vorverlegt worden. Vor einer Woche war die Demonstration nach Terrordrohungen abgesagt worden.
Zahlreiche Proteste gegen "Pegida"
Auch der Protest gegen "Pegida" ging am Wochenende weiter. In Gießen demonstrierten am Sonntag rund 700 Menschen gegen Rassismus und Ausgrenzung. In Hagen, Erfurt und Wolfsburg versammelten bereits am Samstag jeweils mehrere hundert Menschen zu Anti-"Pegida"-Kundgebungen. In Freiburg hatten am Freitagabend rund 20.000 Menschen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit protestiert. Auch am Montag wollen in mehreren Städten wieder Tausende Menschen gegen die islamfeindliche Bewegung und deren Ableger auf die Straße gehen.
Politiker, Vertreter von Kirchen und Religionsgemeinschaften und Wissenschaftler zeigten sich besorgt über die Folgen der islam- und fremdenfeindlichen Demonstrationen. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sieht Deutschlands Ansehen in der Welt durch "Pegida" beschädigt. Es werde unterschätzt, welchen Schaden die fremdenfeindlichen und rassistischen Sprüche und Plakate der "Pegida" schon jetzt angerichtet hätten, sagte der Außenminister der Zeitung "Bild am Sonntag". Auch der Zentralrat der Juden in Deutschland sieht in der Bewegung eine Gefahr. "Ich erwarte von jedem, der dort mitläuft, dass er sich bewusst ist, welches Gedankengut dort transportiert wird, und wem er dort folgt", sagte Zentralratspräsident Josef Schuster der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montagsausgabe).
Streit über den Umgang mit "Pegida" dauert an
Der EKD-Friedensbeauftragte Renke Brahms rief dazu auf, überall in Deutschland weiter für eine demokratische und weltoffene Gesellschaft auf die Straße zu gehen. Den Umgang mit den Sorgen von Bürgern aus der "Pegida"-Bewegung sieht der Theologe zugleich als Frage, die den inneren Frieden in Deutschland berührt: "Es geht um den sozialen Zusammenhalt", sagte er in einem epd-Gespräch. Sozial benachteiligte Bürger bräuchten konkrete Perspektiven.
###mehr-links###Unterdessen dauert der Streit über den Umgang mit der islam- und asylkritischen Bewegung an. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel besuchte am Freitagabend in Dresden überraschend als "Privatmann" ein Podiumsgespräch mit "Pegida"-Anhängern und Gegnern in der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung. Dagegen lehnte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi einen Dialog mit der Bewegung ab. Der Psychologe Stephan Grünewald sieht die Gefahr einer gesellschaftlichen Spaltung in Deutschland. Die "Pegida"-Anhänger seien der Ansicht, es sei "der Islam, der Islamismus, der uns von uns selbst entfremdet" und dem Einhalt geboten werde müsse, sagte der Direktor des Kölner Marktforschungsinstituts Rheingold am Samstag im WDR-Radio. Das liberale Bürgertum habe dagegen "das Gefühl, der Fundamentalismus, der von rechts kommt, bedroht unsere Freiheit", sagte der Bestsellerautor.
Der Historiker Heinrich August Winkler sieht "Pediga" in der Traditionslinie antidemokratischer Kräfte aus der Zeit vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten. "'Pegida' vertritt eine Ideologie, die Deutschland schon einmal in die Katastrophe gestürzt hat", warnte Winkler im "Tagesspiegel" (Sonntagsausgabe). Deren Stoßrichtung bedeute "eine Absage an den aufgeklärten Westen und seine Ideen der unveräußerlichen Menschenrechte, der Toleranz, der Aufklärung und der Liberalität", sagte der Historiker.