Forscher: Kirche muss Leid der Missbrauchsopfer ehrlich anerkennen

Foto: iStockphoto/Lukasz Kulicki
Forscher: Kirche muss Leid der Missbrauchsopfer ehrlich anerkennen
Der Psychiater Harald Dreßing hat die katholische Kirche zu einer "ehrlichen Anerkennung des Leides" von Missbrauchsopfern aufgerufen.

"Das kann nicht nur in der Zahlung einer Geldsumme bestehen", sagte er dem "Mannheimer Morgen" (Dienstagsausgabe). Die Kirche müsse genau hinhören, was sich die Betroffenen wünschten. Dreßing leitet ein Forschungsprojekt zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche. Das Projekt soll Ende 2017 abgeschlossen sein.

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Vor fünf Jahren, im Januar 2010, wurden in Berlin Fälle sexuellen Missbrauchs am katholischen Canisius-Kolleg aufgedeckt. Weitere Skandale folgten, die in Kirche und Gesellschaft eine breite Debatte über sexuellen Missbrauch anstießen. Die Enthüllungen sorgten für eine massive Vertrauenskrise in der katholischen Kirche. In den deutschen Diözesen traten allein 2010 mehr als 180.000 Menschen aus der Kirche aus.

Dreßing äußerte sich grundsätzlich positiv über die Konseqenzen, die die Kirche aus dem Missbrauchsskandal gezogen habe. "Es gibt sehr viel Bemühen, Strukturen zu verändern", sagte der Leiter der Abteilung für forensische Psychiatrie am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim. Er würdigte die neuen Leitlinien der Bischofskonferenz zum Umgang mit Missbrauch sowie die Einsetzung von Präventionsbeauftragten und Ansprechpartnern für die Opfer.

Das neue Forschungsprojekt, das aus sechs Teilstudien besteht, war im vergangenen Jahr gestartet worden. Beteiligt sind vier wissenschaftliche Einrichtungen. Im Oktober 2014 wurden erste Interviews geführt. Die Forscher wollen mit 150 Missbrauchsopfern und 70 Tätern sprechen. Ein erstes Projekt mit dem Hannoveraner Kriminologen Christian Pfeiffer war vor zwei Jahren überraschend auf Eis gelegt worden.