Die Botschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland für das Jubiläum erklärte: "Bei uns ist jeder eingeladen." Eine Einladung an das Kirchenoberhaupt müsse aber mit der katholischen Deutschen Bischofskonferenz abgestimmt werden.
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500 Jahre nach dem Thesenanschlag des Reformators Martin Luther (1483-1546) in Wittenberg hätten die Kirchen begriffen, dass sie mehr verbindet als trennt, sagte Käßmann: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir Anfang des 21. Jahrhunderts antikatholisch feiern." Menschen anderer Konfessionen würden in erster Linie als Schwestern und Brüder im Glauben betrachtet.
Die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) kritisierte, dass Teile der katholischen Kirche das Jubiläum als "Reformationsgedenken" bezeichnen und den Begriff Feier vermeiden. "Karfreitag ist auch ein Feiertag", sagte Käßmann. "Feier heißt ja nicht Dauerkarneval, sondern immer Gedenken, Erinnern, aber auch Fest.". Niemand, der die Veranstaltungen für 2017 plane, wolle den Aspekt der Schuldgeschichte der Reformation verdrängen, unterstrich die EKD-Botschafterin. Dazu zählten unter anderem die Glaubenskriege und die Judenverfolgung.
Käßmann räumte ein, dass Luthers Judenfeindlichkeit für sie äußerst belastend sei: "Die Vehemenz, mit der sich seine sprachliche Gewalt auch gegen Juden richtet, ist bedrückend." Sie sei froh, dass dieser Teil der Geschichte nun aufgearbeitet werde. Die evangelische Kirche sollte dazu stehen und offen damit umgehen: "Das ist auch eine Schuldgeschichte unserer Kirche", erklärte die ehemalige hannoversche Bischöfin.
Käßmann: "Wir feiern Luther" ist zu einfach
"Wir können nicht mehr so einfach sagen: Wir feiern Luther", sagte Käßmann. Zum einen sei 1517 ein Symboldatum und der Anschlag der Thesen an die Tür der Schlosskirche von Wittenberg historisch umstritten. Spannender sei für sie aber die Frage, ob die Thesen schon Reformation bedeuteten oder noch einen innerkatholischen Reformprozess.
Luthers unumstrittene Lebensleistung sei die Rückkehr zur Bibel, sagte Käßmann: "Dass der Christ in Freiheit selbst über den Glauben nachdenkt, ist eine ungeheuerliche Entdeckung, die vielfältige Auswirkungen hatte." Mit Luther sei etwa die Bildungsfrage auf die Tagesordnung gekommen: "Schule für jeden Jungen, jedes Mädchen - gleich welcher sozialen Herkunft". Dass Luther dem Gewissen des Einzelnen eine so hohe Bedeutung beigemessen habe, sei letztlich ein wichtiger Schritt der Entwicklung hin zur Demokratie gewesen.