"Pegida"-Debatte: Politik und Kirchen für ein weltoffenes Deutschland

"Pegida"-Debatte: Politik und Kirchen für ein weltoffenes Deutschland
Fremdenfeindlichkeit soll in Deutschland keinen Platz haben, wünschen sich Politiker und Kirchenvertreter. Auch Bundespräsident Joachim Gauck wendet sich in seiner Weihnachtsansprache gegen die "Pegida"-Proteste, ohne sie beim Namen zu nennen.

Politik und Kirchen werben an Weihnachten für ein weltoffenes Deutschland und wenden sich angesichts der "Pegida"-Demonstrationen gegen Fremdenfeindlichkeit und Abschottung vor Flüchtlingen. Ohne "Pegida" zu nennen, lobte Bundespräsident Joachim Gauck in seiner Weihnachtsansprache die Offenheit großer Teile der Bevölkerung für Flüchtlinge und Zuwanderer. "Dass wir mitfühlend reagieren auf die Not um uns herum, dass die Allermeisten von uns nicht denen folgen, die Deutschland abschotten wollen, das ist für mich eine wahrhaft ermutigende Erfahrung dieses Jahres", sagte er laut Redemanuskript.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht die "Pegida"-Demonstrationen als Folge eines Politikversagens. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sagte, pauschaler Hass auf den Islam sei durch nichts zur rechtfertigen.

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An der bislang größten Demonstration der "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" (Pegida) hatten am Montagabend in Dresden etwa 17.500 Menschen teilgenommen. Die seit mehreren Wochen in verschiedenen Städten andauernden Proteste gegen den Islam und die deutsche Flüchtlingspolitik stoßen inzwischen auf wachsenden Widerstand: Allein in München versammelten sich am Montag 12.000 "Pegida"-Gegner.

Gauck lobte das Engagement der Deutschen für Flüchtlinge. Das sei "ein deutliches Zeichen für die Menschlichkeit in unserer Gesellschaft". Deutschland sei heute ein Land des Friedens. "Wo wir dazu beitragen können, dass Frieden erhalten oder gestiftet, dass Leid gelindert und eine bessere Zukunft gebaut werden kann, sollten wir alles tun, was in unserer Macht steht", sagte er.

Bundesfinanzminister Schäuble sagte der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Mittwochsausgabe), viele Menschen hätten das Gefühl, "dass sie sich in der institutionell verfassten Politik nicht wiederfinden". "Die Politik muss zuhören und argumentieren", forderte er. "Diejenigen aber, die als Partei wie die 'Alternative für Deutschland' (AfD) oder als Organisatoren von 'Pegida' bewusst fremdenfeindliche Ressentiments schüren, die muss man wirklich bekämpfen", fügte Schäuble hinzu.

Der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm verurteilte in einem Interview mit dem Bremer "Weser-Kurier" (Mittwochsausgabe) pauschale Islamophobie. Sie sei durch nichts zu rechtfertigen. Dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwochsausgabe) sagte er: "Wenn Muslime hier pauschal als Bedrohung dargestellt werden, ist das unvereinbar mit christlichen Werten und der Menschenliebe Jesu Christi."

Bischof Ulrich: "diffuse Ängste vor Überfremdung"

Der evangelische Landesbischof der Nordkirche, Gerhard Ulrich, hat kein Verständnis für "Pegida"-Demonstrationen. Sie seien geleitet von "diffusen Ängsten vor Überfremdung", erklärte Ulrich in seiner Weihnachtsbotschaft. Fremdenfeindlichkeit und sogar Rassismus kämen zum Vorschein. "Da werden Fremde verurteilt, die man so wenig kennt wie ihre Kulturen und Religionen", kritisierte Ulrich, der auch Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) ist.

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, warnte vor einem Pauschalurteil über "Pegida"-Demonstranten. "Einzelne, gerade unter den Initiatoren, schüren hier auch Fremdenhass. Aber es wäre ein großer Fehler, alle in eine Ecke zu schieben", sagte Glück der "Passauer Neuen Presse" (Mittwochsausausgabe): "Das würde die Gefolgschaft nur vergrößern." Im rechtsextremistischen Spektrum gebe es schon seit jeher das "Phänomen der getarnten Bürgerlichkeit".

Unter den Demonstranten seien "auffällig viele bürgerliche, gut situierte Menschen mit dabei", sagte Glück. Gefährlich werde es, wenn rechtsextremistische Organisatoren versuchen, Ängste zu instrumentalisieren und Stimmung machen gegen Menschen anderer kultureller und religiöser Prägung.