Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, warnt angesichts der "Pegida"-Proteste vor vorschnellen "Etikettierungen". Bedford-Strohm sagte dem Sender hr-Info am Freitag: "Man darf die Leute nicht gleich als Neonazis abtun." Stattdessen müsse man genauer hinschauen, welche Motive hinter den Protesten stecken: "Ich möchte verstehen, warum Menschen bei solchen Demonstrationen mitlaufen",
sagte Bedford-Strohm. Für mehr Sachlichkeit in der Debatte über die "Pegida"-Aktionen warb unterdessen der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx.
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Bedford-Strohm äußerte zugleich die Erwartung, dass sich die Demonstranten deutlich abgrenzen gegenüber Fremdenhass und Islamfeindlichkeit: "Es ist dringend nötig, dass diejenigen, die da mitlaufen, sich bewusst werden, vor welchen Karren sie möglicherweise gespannt werden." Alle Dinge, die andere Menschen ausgrenzten, könnten nicht akzeptiert werden. Wenn für "Menschenfeindlichkeit" christliche Symbole wie das Kreuz benutzt würden, sei das "ganz bestimmt Missbrauch", sagte der bayerische Landesbischof. Wer den christlichen Glauben lebe, dürfe andere nicht abwerten.
Kardinal Marx forderte die Teilnehmer von "Pegida"-Demonstrationen auf, sich genau zu überlegen, hinter welchen Transparenten sie herliefen. Ihm sei jedenfalls nicht klar, wer zum Beispiel die Demonstrationen organisiere oder welche Forderungen im Detail dahintersteckten, sagte der Münchner Erzbischof.
Ihn entsetze zudem, dass in der "Pegida"-Debatte auf beiden Seiten mit Schlagworten um sich geworfen werde. Bei den Kundgebungen äußerten einige Menschen Ängste, wie etwa, dass Muslime auch hier in Deutschland anderen Menschen die Köpfe abschlagen könnten. Andere wiederum meinten, dass die "Pegida"-Aktivisten allesamt Rassisten seien. "Was ist denn das für eine Diskussion und primitive Auseinandersetzung mit einem Thema?", fragte Marx. Er vermisse Toleranz und Respekt gegenüber den Mitmenschen.
Zu der Ankündigung der Organisatoren, bei der für Montag geplanten "Pegida"-Demonstration Weihnachtslieder anzustimmen, sagte Kardinal Marx, wer Weihnachtslieder singe, dürfe dabei nicht Jesus vergessen, der der Freund aller Menschen war und für Nächstenliebe stehe. Hass auf Menschen anderer Religionen und Nationen zu schüren, habe nichts mit dem Christentum zu tun.
Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung rief dazu auf, Fremdenfeindlichkeit in jeder Form entschieden entgegenzutreten. Er wünsche sich, dass dort, wo "Pegida"-Demonstrationen geplant sind, "starke Gegenbewegungen entstehen", schreibt der evangelische Theologe in Beiträgen für verschiedene Internet-Portale. Jung wirft den Verantwortlichen der Kundgebungen vor, Vorurteile und diffuse Ängste zu nutzen, die unberechtigt seien.
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) riet unterdessen zu einem differenzierten Blick auf die Teilnehmer der islamfeindlichen "Pegida"-Demonstrationen. "Es gibt bei den Demonstranten Rechtsextreme und Ewiggestrige, aber eben auch Bürger, die unzufrieden sind oder Angst haben um ihre Zukunft", sagte der CDU-Politiker der "Frankfurter Rundschau" (Freitagsausgabe). Mit jenen, die einfach nur unzufrieden sind oder Angst haben, sollten
Politiker ins Gespräch kommen, wenn diese dafür offen sind. "Ängste nimmt man nicht, indem man sie ignoriert", sagte Bouffier.