Asylrechtsanwalt: Erschwerung des Kirchenasyls rechtlich fragwürdig

Asylrechtsanwalt: Erschwerung des Kirchenasyls rechtlich fragwürdig
Eine Erschwerung des Kirchenasyls durch die Verlängerung der Abschiebefrist von sechs auf 18 Monate hat nach Einschätzung des Frankfurter Asylrechtsanwalts Johannes Hallenberger vor den Gerichten keinen Bestand.

Ein Flüchtling, dessen Aufenthaltsort den Behörden bekannt sei, könne nicht als "flüchtig" deklariert werden, sagte der Vertreter des Frankfurter Anwaltsvereins am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das ZDF-Magazin "Frontal 21" hatte am Dienstagabend von entsprechenden Plänen einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe berichtet.

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Asylbewerber müssen nach den Dublin-Abkommen der EU im Land ihrer Erstaufnahme Asyl beantragen. Reisen sie dennoch nach Deutschland weiter, können sie innerhalb der Überstellungsfrist von sechs Monaten in das Erstaufnahmeland zurückgeschickt werden. Bleiben sie länger in Deutschland, können sie in der Bundesrepublik Asyl beantragen.

Bisher gilt diese Regelung auch für Menschen im Kirchenasyl. Laut dem Fernsehbericht sollen diese künftig als "flüchtig" bezeichnet werden, so dass sie nach der Dublin-III-Verordnung noch innerhalb von 18 Monaten abgeschoben werden können. Eine Klage dagegen, Menschen in Kirchenasylen als "flüchtig" einzustufen, hätte sie aller Voraussicht nach Erfolg, erläuterte Hallenberger. Denn die Kirchengemeinden machten ihre Herberge öffentlich bekannt und informierten die Behörden über die Schutzsuchenden.

Zurzeit 190 Fälle von Kirchenasyl mit mindestens 357 Personen

Ein praktisches Problem sei die zeitliche Dauer eines Klageverfahrens. Sollte in einem Präzedenzfall der Weg durch alle Instanzen gegangen werden - vom Verwaltungsgericht, dem höchsten Landesverwaltungsgericht, dem Bundesverwaltungsgericht bis möglicherweise zum Europäischen Gerichtshof - könnte dies drei bis fünf Jahre dauern. Für den klagenden Asylbewerber käme eine positive Entscheidung dann möglicherweise zu spät.

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Faktisch bleiben laut Hallenberger die meisten aus dem Süden zugereisten Asylbewerber trotz der Dublin-Abkommen in Deutschland. Die italienischen Behörden seien von dem Zustrom der Flüchtlinge über das Mittelmeer überfordert und nähmen kaum zurückgewiesene Asylbewerber aus Deutschland auf. Nach Griechenland würden von Amts wegen sowieso keine Asylbewerber zurückgeschickt, weil es dort kein entsprechendes Verfahren gebe. Daher würden Flüchtlinge ins Gefängnis gesperrt oder müssten betteln.

Die ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft "Asyl in der Kirche" äußerte scharfe Kritik an dem geplanten Vorhaben. Kirchenasyl sei und bleibe ein "Instrument der Menschenrechtsarbeit", sagte die Vorsitzende Dietlind Jochims. "Dass nun begonnen wird, die humanitären Handlungspartner einzuschüchtern, ist unverständlich und kontraproduktiv." Den Angaben zufolge gibt es in Deutschland derzeit 190 Fälle von Kirchenasyl mit mindestens 357 Personen, darunter 119 Kinder. Von den 190 Kirchenasylen sind 157 sogenannte Dublin-Fälle.