Vor wenigen Wochen hatte die 29-Jährige Brittany Maynard angekündigt, Anfang November ihrem Leben ein Ende zu setzen. In Internetbotschaften forderte sie die generelle Zulassung der ärztlichen Sterbehilfe für alle todkranken Menschen. Wie angekündigt nahm sie am Samstag die Überdosis eines Beruhigungsmittels ein, wie am Sonntag (Ortszeit) bekanntwurde. Sie starb in Oregon, einem von fünf US-Bundesstaaten, in denen Ärzte schwer kranken Menschen mit geringer Lebenserwartung todbringende Mittel verschreiben dürfen.
Maynards Schicksal hat in den USA eine breite Sterbehilfe-Diskussion ausgelöst. Der Sterbehilfeverband "Compassion and Choices" (Mitgefühl und Entscheidungsfreiheit), der Maynard begleitete, kritisierte immer wieder, in den USA werde das Sterben verdrängt. Maynard habe die Auseinandersetzung mit dem Tod "real" gemacht. Demgegenüber warnte der Palliativmediziner Ira Byock, legalisierte ärztliche Sterbehilfe, wie von "Compassion and Choices" und Maynard gefordert, helfe leidenden Menschen nicht wirklich. Man müsse vielmehr die Sterbebegleitung verbessern. Maynard sei "vom Appetit der Medien auf Sensationalismus" ausgebeutet worden.
"Ich will nicht sterben, aber ich bin am Sterben"
Eigentlich wollte die junge Frau aus Kalifornien Lehrerin werden und eine Familie gründen. Im Herbst 2012 hat Brittany Maynard geheiratet. Dann kamen die Kopfschmerzen, im Januar 2014 dann die Diagnose Gehirntumor. Die 29-Jährige litt an einem Glioblastom, aggressiv und unheilbar. Die Ärzte gaben ihr sechs Monate. Nach ihrer Diagnose zogen Maynard und ihr Ehemann Dan Diaz wegen des Sterbehilfegesetzes nach Oregon um.
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In einem Internetvideo sagte sie, es sei für sie eine große Beruhigung, dass sie die Arzneimittel habe, und nicht mehr der Tumor bestimme, wie und wann sie sterben werde. "Ich will nicht sterben, aber ich bin am Sterben", sagte Maynard dem Magazin "People". Der Tumor werde sie töten, und dieser Tod wäre schrecklich. Ein "würdevolles Sterben" im Beisein ihrer Familie mache ihr weniger Angst. Sie werde die ihr verschriebenen Kapseln öffnen, in Wasser auflösen und trinken.
In den letzten Wochen hatten sich die Auswirkungen des Tumors zunehmend gezeigt. Auf ihrer Webseite beschrieb Maynard ihr Leiden. Nach ihrem bisher schlimmsten Krampfanfall habe sie eine Zeit lang nicht mehr sprechen können. Ihr eigener Körper sei ihr fremd geworden, sie habe extrem starke Kopf- und Nackenschmerzen.
US-Amerikaner sind gespalten beim Thema Sterbehilfe
In einer Erhebung des "Pew Research Center" Ende 2013 sprachen sich 47 Prozent der Befragten für die Legalisierung ärztlicher Sterbehilfe aus, 49 Prozent sind dagegen. Strikte Sterbehilfegegner sind die Kirchen. Der römisch-katholische Kardinal William Lori betonte, niemand dürfe einem anderen die Mittel zum Suizid geben, "ganz gleich, wie barmherzig das erscheinen mag". Der Ärzteverband "American Medical Association" vertritt die Ansicht, Beihilfe zum Suizid sei unvereinbar mit der Aufgabe des Arztes zu heilen.
Einig sind sich viele Befürworter und Gegner in der Kritik an der Behandlung Schwerkranker in der letzten Lebensphase. Todkranke müssten allzu oft schmerzhafte und aussichtslose Therapien über sich ergehen lassen. Das "Institut für Medizin" an der Nationalen Akademie der Wissenschaften beklagte im September, es gebe in den USA nicht genug Palliativärzte. Zudem seien die teueren, wenn auch schlecht geeigneten Behandlungsmethoden für Krankenhäuser ein finanzieller Anreize. Palliativmediziner Byock sagte, die Behandlung todkranker Menschen in den USA sei eine "nationale Schande".
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In Oregon im Nordwesten der USA wurde ärztliche Sterbehilfe 1997 durch einen Volksentscheid legal. Dem Gesundheitsministerium in Oregon zufolge haben 752 Menschen von 1997 bis Ende 2013 ihrem Leben mit ordnungsgemäß verschriebenen Mitteln beendet. Ärzte hätten 1.173 Sterbehilferezepte ausgestellt. Hauptgründe für den Suizid sei die Angst, Autonomie und Würde zu verlieren. Ärztliche Sterbehilfe ist auch in den Bundesstaaten Washington, Vermont, Montana und Neu Mexico erlaubt.