Steinmeier: Deutschland und EU haben Ebola "unterschätzt"

Foto: dpa/Frederick A. Murpy
Steinmeier: Deutschland und EU haben Ebola "unterschätzt"
Ebola breitet sich weiter aus, und auch die Menschen in Deutschland sind zunehmend besorgt. Bisher hätten Deutschland und die EU Ebola "unterschätzt", sagte Außenminister Steinmeier vor einem anstehenden Ebola-Gipfel der EU-Länder.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat Deutschland und Europa zu verstärkten Anstrengungen im Kampf gegen die Ebola-Epidemie in Westafrika aufgerufen. "Wir alle haben die katastrophalen Folgen von Ebola unterschätzt", sagte Steinmeier der "Bild am Sonntag" (BamS): Jetzt müsse entschlossen und "mit vereinten Kräften" gehandelt werden, auch Europa müsse noch mehr tun. Am 20. Oktober wollen sich die EU-Außenminister in Luxemburg mit dem Thema befassen, anschließend die EU-Staats- und Regierungschef beim Gipfel in Brüssel am 23. und 24. Oktober.

Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sieht allerdings - trotz einer steigenden Zahl von Ebola-Fällen auch außerhalb Afrikas - keine Gefahr für Deutschland. "Unser Gesundheitssystem ist sehr gut aufgestellt, deshalb muss sich niemand in Deutschland Sorgen machen", sagte er der "Rheinischen Post" in Düsseldorf (Samstagsausgabe).

Nach jüngsten Zahlen der Weltgesundheitsorganisation WHO wurden bis Mittwoch 8.399 Ebola Fälle in sieben Ländern gezählt; 4.033 verliefen tödlich. Am stärksten betroffen sind die westafrikanischen Länder Guinea, Liberia und Sierra Leone sowie Nigeria und Senegal, zudem traten Fälle in den USA und Spanien auf. Die Dunkelziffer ist laut WHO weitaus höher.

Infizierte Helfer sollen sicher nach Hause geholt werden

Die EU plant nach einem Bericht der "Welt" (Online) unterdessen eine koordinierte Initiative zur medizinischen Evakuierung infizierter Helfer aus Westafrika. Die Zeitung beruft sich auf Informationen aus Diplomatenkreisen.

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Ziel ist demnach, eine Rettungskette für freiwillige Helfer aus Europa aufzubauen, die sich infiziert haben, um sie sicher und schnell zur Behandlung nach Hause zurückfliegen zu können. Ohne eine funktionierende Evakuierung werde man nicht genügend medizinische Helfer für einen Einsatz in den Ebola-Gebieten finden, sagte ein hoher EU-Diplomat der Zeitung: "Wir müssen den Freiwilligen aus Europa garantieren können, dass ihnen bei einer Infektion unverzüglich geholfen wird."

Die EU will demnach auf die Expertise und die Flugzeuge der US-amerikanischen Firma Phoenix zurückgreifen, die eine jahrelange Erfahrung beim Transport schwer erkrankter und hochinfektiöser Patienten hat. Bei der Umsetzung der Pläne gebe es erheblichen Zeitdruck, hieß es laut "Welt" in Diplomatenkreisen.

Außerdem erwägt Brüssel dem Bericht zufolge eine EU-Militäroperation in den Ebola-Gebieten Westafrikas. Dabei sollen europäische Soldaten in den von der Ebola-Epidemie betroffenen Regionen Krankenstationen aufbauen und anschließend militärisch sichern.

Ebola-Patienten in Hamburg, Frankfurt und Leipzig

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sprach sich für eine neue zivile Krisenreaktionsstrategie in Europa und in Deutschland aus. Es seien mobile Einsatzteams erforderlich, die in Notfällen schnell und entschieden eingreifen könnten, sagte im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks mit Blick auf Ebola und Konfliktländer wie den Südsudan. Die derzeitigen Krisen in der Welt zeigten, dass Europa sich in Rüstungsfragen nicht eng genug abstimme, aber auch "nicht ausreichend handlungsfähig" sei, wenn es um zivile technische und medizinische Hilfen gehe.

Die Bundesbürger sind unterdessen mehrheitlich beunruhigt. Nach einer repräsentativen Umfrage von Emnid im Auftrag der BamS halten 54 Prozent eine Ausbreitung der Seuche nach Deutschland für möglich (45 Prozent sagen Nein). Im Osten sind die Sorgen mit 63 Prozent deutlich größer als im Westen der Republik. Mit großer Mehrheit (85 zu 13 Prozent) befürworten die Deutschen schärfere Einreisekontrollen für Passagiere aus den Ebola-Staaten, wie die USA sie eingeführt haben. Zur Behandlung weiterer Ebola-Patienten aus Afrika in deutschen Krankenhäusern sagen dennoch 69 Prozent "Ja" ,29 Prozent sind dagegen.

Nach den Unikliniken Hamburg und Frankfurt hatte am Donnerstag auch Leipzig einen Ebola-Patienten aufgenommen. Der Mann, ein UN-Mitarbeiter aus Liberia, wurde mit einem Spezial-Jet eingeflogen und wird auf einer Isolierstation behandelt. Nach Einschätzung des Leipziger Klinikleiters Bernhard Ruf hilft letztlich "nur ein Impfstoff" gegen die Ausbreitung von Ebola, wie "Focus" berichtete. Dieser stehe jedoch frühestens im März nächsten Jahres zur Verfügung. Der Hamburger Patient wurde nach erfolgreicher Behandlung bereits entlassen.