WHO rechnet mit 20.000 Ebola-Infizierten bis November

WHO rechnet mit 20.000 Ebola-Infizierten bis November
Die Weltgesundheitsorganisation rechnet mit 20.000 Ebola-Fällen bis Anfang November. Die Epidemie hat eine Todesrate von 70 Prozent. Für die Bekämpfung der Krankheit hat die Weltgesundheitsorganisation aber viel zu wenig Geld.

Die Zahl der Ebola-Infizierten wird bis Anfang November laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf mehr als 20.000 steigen. Das geht aus einer Untersuchung der WHO und des Imperial College in London hervor, die am Dienstag im "New England Journal of Medicine" veröffentlicht wurde. Die WHO hat nach jüngsten Daten in Westafrika bis 18. September 5.762 Ebola-Patienten registriert, 2.793 davon waren gestorben. Die Dunkelziffer dürfte wesentlich höher sein.

###mehr-artikel###

Für die neue Studie haben die Wissenschaftler die Daten seit dem Ausbruch im vergangenen Dezember analysiert. Dabei gewannen sie auch Erkenntnisse darüber, wie viele Erkrankte an dem Virus sterben. "Die Analyse zeigt, dass bis zum 14. September 70,8 Prozent der Patienten mit eindeutigen Befunden gestorben sind", sagte Christopher Dye, WHO-Strategiedirektor und Co-Autor. Diese Quote sei in Guinea, Liberia und Sierra Leone gleich.

Niedriger habe die Rate der Todesfälle gelegen, wenn man nur die Patienten in Krankenhäusern betrachte. Dies stütze die Annahme, dass die schnelle Behandlung von Patienten einen Unterschied mache, heißt es in der Studie.

Am häufigsten angesteckt hätten sich Menschen im Alter von 21 bis 44 Jahren. Aus dieser Altersgruppe stammen gut 60 Prozent der Infizierten. Allerdings lag hier auch die Überlebensrate am höchsten.

Nigeria hält die Epidemie noch unter Kontrolle

Widerlegen konnten die Forscher die Vermutung, dass Frauen sich öfter mit der Krankheit infizieren, etwa weil sie mehr mit der Pflege von Kranken befasst sind. "Es mag Unterschiede in einigen Teilen der Gesellschaft geben, aber als wir die Daten gebündelt betrachtet haben, konnten wir sehen, dass die Verteilung der Infektionen annähernd bei 50-50 liegt", sagte Dye.

Die weite Verbreitung der Krankheit liegt nach Ansicht der Forscher nicht primär an der biologischen Beschaffenheit des Virus. Stattdessen sei dafür der enge und grenzüberschreitende Austausch der Menschen in den am härtesten betroffenen Ländern Guinea, Liberia und Sierra Leone sowie der schlechte Zustand der Gesundheitssysteme verantwortlich.

Dagegen sei es in Nigeria, wo das Gesundheitssystem robuster sei, bislang gelungen, die Krankheit weitgehend unter Kontrolle zu halten - und das, obwohl es Infektionen in den Großstädten Lagos und Port Harcourt gegeben habe.

Der WHO feht das Geld

Allerdings ist die WHO nicht ausreichend ausgestattet, um die Ebola-Epidemie erfolgreich zu bekämpfen. Ausgerechnet in der Notfallabteilung der WHO seien die Mittel besonders drastisch gekürzt worden, beklagt die Forscherin Tine Hanrieder in einem Beitrag für die "Süddeutsche Zeitung" (Dienstagsausgabe). Seit 2009 habe die UN-Organisation rund ein Drittel ihre Krisenfachleute eingespart, darunter auch viele Ebola-Experten, die das Ausmaß der Epidemie früher hätten erkennen können.

Die flexiblen Notfallfonds der WHO seien ebenfalls um rund die Hälfte gekürzt worden, kritisiert Hanrieder, die am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung zu internationaler Gesundheitspolitik forscht. Der Genfer UN-Organisation fehle es an solider Grundfinanzierung. "Die WHO hängt heute mehr denn je am Gängelband der Geberländer und privater Spender wie der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung", kritisiert sie. Die Organisation könne nur über ein Viertel ihres Budgets von jährlich insgesamt rund 1,5 Milliarden Euro frei verfügen. Der Großteil des Geldes stamme aus freiwilligen Beiträgen, die kurzfristig und zweckgebunden zur Verfügung stehen.

Im Kampf gegen Ebola braucht die Organisation allerdings jede Unterstützung, die sie kriegen kann. "Das Risiko einer weiteren Ausbreitung von Ebola ist real", warnen die Forscher. "Diese Studie bietet alle Belege für einen dringenden Weckruf, um die Kontrollmaßnahmen intensiv hochzufahren, während zugleich weiter an der schnellen Entwicklung und Bereitstellung neuer Medikamente und Impfstoffe gearbeitet wird."