"Wir haben vermehrt Anfragen bei der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden", sagte der kirchliche Friedensbeauftragte Renke Brahms am Donnerstagabend in Bremen. Angesichts der zunehmenden Zahl kriegerischer Auseinandersetzungen wollten viele Menschen den Wehrdienst verweigern, obwohl sie gar nicht zur Bundeswehr müssten. "Das Thema ist nicht weg", betonte der Beauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
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Auch Soldaten, die sich freiwillig verpflichtet hätten, verweigerten nach ihrer Probezeit von sechs Monaten, sagte der leitende Bremer Theologe Brahms bei einer Diskussion des Sozialen Friedensdienstes in der Hansestadt. "Das ist dann eine komplizierte Sache." Nach einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion haben seit Aussetzung der Wehrpflicht vor drei Jahren bis Juli des laufenden Jahres 1.095 Soldaten den Kriegsdienst verweigert. Insgesamt wurden bisher rund drei Viertel aller Anträge anerkannt.
Viele Soldatinnen und Soldaten verweigerten den Kriegsdienst aufgrund des veränderten Auftrags der Bundeswehr, zu dem eine wachsende Zahl von Kampfeinsätzen im Ausland gehöre, sagte die Verteidigungsexpertin der Linksfraktion im Bundestag, Katrin Kunert. "Töten zu müssen oder selbst getötet zu werden, ist ein wahrscheinlicher gewordenes Risiko und nicht mehr nur eine bloße hypothetische Möglichkeit." Hinzu kämen persönliche Schlüsselerlebnisse.
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Kunert spricht angesichts langer Bearbeitungszeiten der Anträge und rückläufiger Anerkennungsquoten von einem "restriktiven Vorgehen" der Behörden. 2011 betrug die Quote noch knapp 82 Prozent, in diesem Jahr lag sie bis Juli bei etwa 68 Prozent.
Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ist in Artikel 4, Absatz 3 des Grundgesetzes festgeschrieben. Dort heißt es: "Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden." Seit Einführung hätten weit mehr als zwei Millionen deutsche Staatsbürger von ihrem Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung Gebrauch gemacht, bilanziert die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung in Bonn. Anträge müssen heute bei den sogenannten "Karrierecentern" der Bundeswehr eingereicht werden. Sie werden dann vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben entschieden.