Evangelische Kirche uneins: Kirchenpräsident Jung gegen Waffenlieferungen in den Irak

Evangelische Kirche uneins: Kirchenpräsident Jung gegen Waffenlieferungen in den Irak
Bislang war man sich an der Spitze der evangelischen Kirche weitgehend einig: Trotz großer Vorbehalte seien Waffenlieferungen in den Irak gerechtfertigt. Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Jung spricht sich jetzt explizit dagegen aus.

Die Spitzenrepräsentanten der evangelischen Kirche sind in ihrer Haltung zu den deutschen Waffenlieferungen an Kurden gespalten. Während der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, und der neue Militärbischof Sigurd Rink trotz Bedenken Verständnis für den Beschluss der Bundesregierung äußerten, sprach sich der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker am Dienstag entschieden gegen die Lieferungen aus.

Die Erfahrung habe gezeigt, dass nicht abzusehen sei, was mit Waffen in Krisengebieten geschehe, sagte Jung in Darmstadt dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er argumentierte, es dürfte im Irak kaum zu steuern sein, wofür die Waffen am Ende verwendet werden. So kritisch wie Jung hatte sich bislang nur der EKD-Friedensbeauftragte Renke Brahms geäußert.

Jung bemängelte, in der evangelischen Kirche fehle bisher eine friedensethische Reflexion, die sich konsequent an der EKD-Friedensdenkschrift von 2007 orientiere. In der Denkschrift werde die Lieferung von Waffen in Krisengebiete abgelehnt. Gleiches habe die Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau noch im vergangenen Jahr bekräftigt.

Kirchenpräsident Schad hält Waffenlieferungen für vertretbar

Der pfälzische Kirchenpräsident Christian Schad hält Waffenlieferungen in den Nordirak als Mittel der äußersten Nothilfe für vertretbar. Er verstehe, dass sich viele Menschen auch aus christlicher Überzeugung dagegen aussprächen, sagte Schad am Dienstag in Speyer. In Fällen von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen wie jetzt im Nordirak oder 1994 beim Völkermord in Ruanda müssten indes nichtmilitärische und militärische Mittel möglich sein, sagte der Theologe.

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Militärische Aktionen gegen die IS-Milizen im Nordirak könnten allerdings die Konflikte nicht lösen und der Region weder Frieden noch Sicherheit geben, fügte Schad hinzu. Deshalb müsse die Bundesrepublik mit anderen Staaten durch Geld und personelle Ressourcen "mithelfen, dass zivile Konfliktlösungen eine Chance gewinnen und sich im Irak stabile staatliche Strukturen ausbilden können".

EKD-Ratschef Schneider hatte am Wochenende gesagt, die kurdischen Peschmerga seien im Moment als einzige in der Lage, den von den Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) bedrohten Menschen "ein gewisses Maß an Sicherheit zu geben". "Vor diesem Hintergrund habe ich bei größtem Bauchgrimmen Verständnis dafür, wenn dorthin Waffen geliefert werden", sagte Schneider.

Ähnlich sieht es auch Sigurd Rink, der am Montag als erster hauptamtlicher evangelischer Militärbischof in sein Amt eingeführt wurde. Er tue sich schwer mit einer "eindeutigen Festlegung". In einem Zeitungsinterview schloss er Waffenlieferungen an die Kurden in die Region angesichts der massiven Verbrechen im Irak und in Syrien aber nicht aus.

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Jung sprach sich stattdessen für ein UN-Mandat zum Schutz der Flüchtlinge und für humanitäre Hilfe aus. Darin stimmt er mit Bayerns evangelischen Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm überein, der am Mittwoch von einer mehrtägigen Irak-Reise zurückkehren wird. Bedford-Strohm hatte die Einrichtung einer Schutzzone für die verfolgten Christen und Jesiden durch die Vereinten Nationen gefordert, in den Tagen zuvor aber bereits auch für die deutschen Waffenlieferungen Verständnis geäußert.