Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe bestätigte am Donnerstag die Verurteilung eines ehemaligen Dienstgruppenleiters der Polizei wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 10.800 Euro. Der Polizist habe seine Sorgfaltspflicht verletzt: "Durch die unzureichende Überwachung des Oury Jalloh wurde dessen Tod mitverursacht", urteilte der BGH (AZ: 4 StR 473/13). Bei den Grünen und der Linkspartei stieß das Urteil auf Kritik und Unverständnis.
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Die genauen Umstände des tragischen Todes von Jalloh wurden bislang nicht vollends aufgeklärt. Der 22-jährige Flüchtling aus Sierra Leone war im Januar 2005 von der Polizei in Gewahrsam genommen worden, weil sich Frauen von ihm belästigt fühlten. Bei seiner Festnahme hatte er eine Alkoholkonzentration von fast drei Promille im Blut. Weil er versucht hatte, sich selbst zu verletzen, riet ein Arzt, den Asylbewerber in der Polizeizelle auf dem Bett an Händen und Füßen zu fesseln.
Als der Dienstgruppenleiter Andreas S. später einen Feueralarm hörte, drückte er diesen zweimal weg, offenbar im Glauben, es sei ein Fehlalarm. Tatsächlich hatte die Matratze in Jallohs Zelle aber Feuer gefangen. Jalloh starb an einem tödlichen Inhalationshitzeschock. Der Polizei zufolge muss er in gefesseltem Zustand die Matratze angezündet haben. Das Feuerzeug sei entweder bei der Durchsuchung übersehen worden oder ein Beamter habe es in der Zelle verloren.
Das Landgericht Magdeburg hatte den Polizisten Andreas S. zunächst vom Vorwurf der Körperverletzung freigesprochen. Als der BGH diese Entscheidung kippte, wurde der Polizist wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe in Höhe von 10.800 Euro verurteilt.
Dieses Urteil sei nicht zu beanstanden, entschied nun der BGH. Zu Recht habe das Landgericht Andreas S. aber nicht wegen Freiheitsberaubung mit Todesfolge schuldig gesprochen. Der Polizeihauptkommissar habe es zwar rechtswidrig unterlassen, die Festnahme von einem Richter bestätigen zu lassen. Für den Tod von Jalloh sei dies aber nicht ursächlich gewesen. Denn es sei anzunehmen, dass wegen der Alkoholisierung und der Gefahr der Selbstverletzung auch ein Richter die Freiheitsentziehung gebilligt hätte.
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Steffi Lemke, nannte das Urteil "eine große Enttäuschung". Es sei beschämend, dass in einem Rechtsstaat ein Mensch in staatlichen Gewahrsam zu Tode kommen könne und die Umstände "nun für immer ungeklärt bleiben werden", betonte Lemke. Sie ist in Dessau geboren und aufgewachsen.
Der Bundesgeschäftsführer der Linken, Matthias Höhn, sagte, dass man mit der Entscheidung nicht zufrieden sein könne, auch wenn ein Freispruch möglich gewesen wäre. Unklarheiten und Ungereimtheiten würden bleiben. Mit dem Urteil sei die Chance für die vollständige Aufklärung der Todesumstände endgültig vertan worden, kritisierte er.
Auch das Landgericht Magdeburg reagierte auf das Urteil. Die Bundesrichter hätten vor allem die Feststellung der Vorinstanz nicht beanstandet, dass es keine Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden gegeben habe, hieß es.