Sozialsenator Mario Czaja (CDU) begründete den Schritt mit einem dramatischen Anstieg der Antragsteller an den ersten beiden Septembertagen. Allein in diesem Zeitraum seien mehr als 1.000 Menschen gekommen, die weitervermittelt oder untergebracht werden müssten. Allerdings funktioniere die Weiterleitung von Flüchtlingen in andere Bundesländer nicht mehr, da dort die Behörden ihrerseits an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen seien und teilweise bereits geschlossen hätten.
Czaja forderte die Bundesregierung auf, die Länder mit der Aufnahme von Asylbewerbern nicht allein zu lassen. So müsse etwa die Bearbeitungsdauer von Erstanträgen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beschleunigt werden. Derzeit liege sie bei durchschnittlich acht Monaten. Außerdem wünsche er sich einen baldigen Bundesratsbeschluss zur Umsetzung der Regelung über sogenannte sichere Drittstaaten. Hintergrund ist die hohe Anzahl von Asylbewerbern aus Serbien und Bosnien-Herzegowina. Sie machen Czaja zufolge rund ein Drittel der Antragsteller aus. Ihre Anerkennungsquote liege aber bei lediglich 0,01 Prozent.
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Czaja kündigte an, die Zentrale Aufnahmeeinrichtung ab Montag wieder zu öffnen. Ziel müsse es sein, jedem Flüchtling, der einen Asylantrag stellt, auch ein Dach über dem Kopf zu geben. Bis dahin gehe er davon aus, dass Antragsteller bei Freunden, Unterstützern oder caritativen Einrichtungen unterkämen.
Die kirchlichen Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie zeigten sich überrascht über den Schritt. "Wir sehen es als sehr problematisch an, dass Flüchtlinge nun vor verschlossener Tür stehen und nicht versorgt werden", sagte Caritas-Direktorin Ulrike Kostka dem Evangelischen Pressedienst. Diakonievorstand Martin Matz erklärte auf Anfrage, "die Annahme, Flüchtlinge könnten angesichts der geschlossenen Aufnahmeeinrichtung bei Freunden oder Unterstützern unterkommen, ist nicht real". Ohne jede Vorwarnzeit an karitative Einrichtungen zu verweisen, sei problematisch. Außerhalb der Winterzeit seien viele Unterbringungen "räumlich und personell nicht 'von jetzt auf gleich' verfügbar", sagte Matz.
Prognose wird sicher übertroffen
Czaja kündigte den Bau weiterer Flüchtlingsunterkünfte an. So sollen zusätzlich zu den sowieso bereits geplanten 2.000 neuen Heimplätzen in diesem Jahr ab November/Dezember weitere 2.000 Plätze in mobilen Wohncontainern zur Verfügung gestellt werden. Czaja sprach von sechs bis acht Containerdörfern mit jeweils 200 bis 400 Wohnplätzen. Zudem ist das zuständige Landesamt für Gesundheit und Soziales auf der Suche nach geeigneten Hallen zur kurzfristigen Unterbringung von neuen Flüchtlingen.
Bislang ging das Land für das gesamte Jahr 2014 von rund 10.000 neu ankommenden Flüchtlingen aus. Diese Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge werde aus heutiger Sicht aber sicher übertroffen, sagte Czaja. Auf eine genaue Zahl wollte er sich nicht festlegen. Bis Ende August wurden 6.141 Aufnahmen in Berlin registriert.
In diesem Jahr rechnet das Bundesamt für Deutschland mit insgesamt rund 200.000 neuen Flüchtlingen. Nach dem "Königsteiner Schlüssel" nimmt Berlin jährlich fünf Prozent der in Deutschland asylsuchenden Menschen auf.