Entwicklungsminister Müller lehnt Waffenlieferung an Kurden ab

Foto: dpa/Kay Nietfeld
Entwicklungsminister Müller lehnt Waffenlieferung an Kurden ab
In der Diskussion über eine militärische Hilfe Deutschlands für die Kurden im Irak vertreten Mitglieder der Bundesregierung unterschiedliche Standpunkte. Während Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) Waffenlieferungen an die gegen militante Islamisten kämpfenden Kurden ablehnt, schließt Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) diese angesichts des brutalen Vorgehens der Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) im Nordirak nicht aus.

Mit Blick auf den Vormarsch der Islamisten im Nordirak sagte Steinmeier am Mittwochabend im "heute journal" des ZDF: "Wir können Kurdistan jetzt nicht alleine lassen und zusehen, wie dort Menschen abgeschlachtet werden." Für die Zukunft schloss er nicht aus, dass Deutschland die kurdischen Peschmerga-Kämpfer auch mit Waffen unterstützen könnte: "Im Übrigen werde ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausschließen, dass wir gegebenenfalls, wenn die Bedrohungslage so anhält, auch Waffen liefern müssen."

Hingegen sagte Entwicklungsminister Müller der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstagsausgabe), er sehe Deutschland "nicht in der Verpflichtung, im Nordirak mit Waffenlieferungen einzugreifen". Deutschland könne dagegen in Zusammenarbeit mit Amerikanern und Europäern humanitäre Hilfe leisten. "Darauf sollten wir uns konzentrieren. Ich bin für die Lieferung von Medizin, Lazaretten, Krankenwagen und vieles mehr, was möglich ist, aber nicht für Waffenlieferungen", sagte der CSU-Politiker. Waffenlieferungen in Krisengebiete seien nicht Aufgabe Deutschlands.

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Das Engagement der USA im Nordirak begrüßte Müller ausdrücklich: "Die Amerikaner reagieren und handeln. Man muss ihnen dafür dankbar sein, dass sie das Morden und die Vertreibung stoppen und Grenzen setzen." Über die Situation im Nordirak sagte der Minister: "Es herrscht eine unvorstellbare Eskalation. Religiöse Minderheiten werden verfolgt. Das kommt einem Genozid gleich." Die Weltgemeinschaft sei aufgefordert, "alles zu tun, dass dies noch verhindert wird."

Auch die anderen EU-Staaten seien aufgerufen, mehr Hilfe zu leisten: "Die EU muss die Hilfe koordinieren, Flagge zeigen und mit einem Sofortprogramm in Höhe von einer Milliarde Euro etwas für die Flüchtlinge tun", verlangte Müller. Bisher seien nur 50 Prozent der Hilfszusagen eingelöst.

Die Debatte über eine militärische und humanitäre Unterstützung der Kurden aus Deutschland wird angesichts der verzweifelten Lage der im Nordirak von Islamisten verfolgten Minderheiten heftiger. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte am Dienstag angekündigt, die Kurden im Nordirak mit Rüstungsgütern ausstatten zu wollen. Dabei schloss sie jedoch Waffen aus und sprach von "nicht-tödlicher" Ausrüstung wie Helmen, Schutzwesten und "geschützten Fahrzeugen".

Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) forderte unterdessen bei einem Besuch im Irak, statt Waffenlieferungen die humanitäre Hilfe zu verstärken. Im ARD-"Morgenmagazin" sagte sie: "Wir können in Deutschland erstens nicht über unsere Rüstungsexport-Richtlinien hinweg gehen, die bindend sind. Und zweitens, was nutzt es den Peschmerga, wenn wir ihnen deutsche harte Waffensysteme schicken würden, sie aber an ganz anderen Systemen ausgebildet sind?"

Berlins evangelischer Bischof Markus Dröge sprach sich angesichts der verzweifelten Lage der verfolgten Minderheiten im Nordirak für einen begrenzten Militäreinsatz in der Region aus. "Ein begrenztes militärisches Eingreifen ist derzeit notwendig, um ausufernde Menschenrechtsverletzungen zu verhindern", schreibt Dröge in seiner wöchentlichen Kolumne für die Berliner Boulevardzeitung "B.Z." (Donnerstagsausgabe). Zehntausende Menschen seien in der Region auf der Flucht vor den islamistischen Terroristen, die Jagd auf religiöse Minderheiten machten.