Derartige Gedankenspiele seien "überflüssig und vollkommen unrealistisch", sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Herbert Reul (CDU), am Montag. Die italienische Regierung, die am 1. Juli für sechs Monate den EU-Vorsitz übernommen hat, will das Thema laut Medienberichten als Schwerpunkt behandeln.
Der EU-Sozialkommissar László Andor spricht sich bereits seit längerem für eine Arbeitslosenversicherung für den Euroraum aus. Er halte ein solches Modell für eine "viel sicherere Option als die unterschiedlichen Szenarien der Vergemeinschaftung von Staatsschulden", sagte Andor in einem Interview der "Wirtschaftswoche". Der Industriepolitiker Reul unterstrich hingegen, dass die Sozialpolitik in der Verantwortung der europäischen Mitgliedsländer liege. "Die total unterschiedlichen europäischen Sozialsysteme zu vereinheitlich, ist realitätsfern." Europa brauche Reformen für mehr Wettbewerbsfähigkeit, auch wenn diese Zeit und Mühe kosteten, sagte Reul.
Die europäische Arbeitslosenversicherung soll nach den existierenden Entwürfen die nationalen Sicherungssysteme nicht ablösen, sondern ergänzen. Befürworter argumentieren, dass es nicht zu dauerhaften Transfers von bestimmten Ländern in andere kommen würde, da jedes Land in eine akute wirtschaftliche Krise geraten könne. Zudem seien die Zahlungen strikt befristet.
Die "Wirtschaftswoche" berichtete allerdings unter Berufung auf das französische Finanzministerium, dass die Versicherung, würde sie schon existieren, Deutschland zwischen 2000 und 2012 bis zu 20,4 Milliarden Euro gekostet hätte. Spanien hätte dagegen netto 34,5 Milliarden Euro erhalten.
Wie das österreichische "Wirtschaftsblatt" jüngst berichtete, geht das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung davon aus, dass die Versicherung den wirtschaftlichen Abschwung in Spanien, Griechenland und Irland deutlich abgefedert hätte. Allerdings sei für die Arbeitslosenversicherung eine Änderung der EU-Verträge nötig, weshalb sie wohl nicht in näherer Zukunft beschlossen werde, heißt es in dem Bericht.