Mit einer Gedenkzeremonie im Elsass haben Deutschland und Frankreich an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor genau 100 Jahren erinnert. Die beiden Präsidenten François Hollande und Joachim Gauck legten am Sonntag auf dem Hartmannsweilerkopf in den Vogesen einen gemeinsamen Kranz nieder und gedachten der Opfer des Krieges.
Bei den erbitterten Kämpfen um den Gipfel über der Rheinebene waren zwischen 1914 und 1918 rund 30.000 Menschen ums Leben gekommen. Die Staatsoberhäupter legten den Grundstein für eine deutsch-französische Gedenkstätte. Bereits seit 1932 gibt es dort eine französische Erinnerungsstätte.
Deutsch-französiche Versöhnung als Beispiel für die Welt
Der Berg symbolisiere wie wenige andere Orte die Sinnlosigkeit und den Schrecken dieser Jahre, sagte der Bundespräsident. Der Erste Weltkrieg sei "eine der furchtbarsten und düstersten Zeiten unserer gemeinsamen Geschichte". Der Fanatismus bis zum Selbstopfer sei das Ergebnis einer schrecklichen intellektuellen und moralischen Verblendung gewesen. "Hier hat Europa verraten, was seine Werte, seine Kultur, seine Zivilisation eigentlich ausmacht", sagte das deutsche Staatsoberhaupt.
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Gauck erinnerte an die deutsche Mitschuld an dem Krieg: "Nachdem Deutschland im Ersten und im Zweiten Weltkrieg Frankreich überfallen hatte, können gerade wir Deutschen diese Versöhnung nur als Geschenk begreifen", sagte der Bundespräsident. Das gemeinsame Europa sei "keine Laune der Geschichte". Die europäischen Institutionen seien die Sicherung gegen Verirrung und Verführung. Er warnte davor, populistischen Strömungen nachzugeben, "die wohlfeil mit anti-europäischen Parolen Stimmung machen. "Wir haben gelernt, in vielen schmerzhaften Lektionen, Gegensätzlichkeit in Vielgestaltigkeit zu überführen", sagte Gauck. Dies sei der Kontrast zu 1914.
Beide Präsidenten erinnerten daran, dass ihre Großväter im Ersten Weltkrieg auf unterschiedlichen Seiten gekämpft hätten. Hollande sagte: "Europa hat es geschafft, den Krieg zu besiegen." Europa sei eine Gemeinschaft der Werte und des Friedens. Viel hänge von der deutsch-französischen Freundschaft ab, damit der Traum des europäischen Ideals erhalten bleibe und ein Leben im Frieden sichere. Es sei Aufgabe jeder Generation, den Frieden zu verteidigen. Erinnerung sei keine Nostalgie, sondern eine Lektion aus der Geschichte, sagte das sozialistische Staatsoberhaupt. Beide Nationen seien in derselben Trauer um die Opfer. Es müsse nun eine gemeinsame Erinnerung geschmiedet werden.
Die deutsch-französische Versöhnung könne ein Beispiel für die Welt geben, sagte Hollande. Beide Nationen seien angesichts der Ukraine-Krise gemeinsam gefordert. Zugleich hätten sie die Verpflichtung, sich weltweit für Menschenrechte einzusetzen, etwa angesichts der Verfolgung von Christen im Irak oder des drohenden Völkermords in der Zentralafrikanischen Republik.
Friedensbotschaft des Jugendwerks: "Wir sind die Zukunft"
Die Gedenkveranstaltung am Hartmannsweilerkopf wurde von einem militärischen Zeremoniell eingeleitet, an dem Abordnungen der deutsch-französischen Brigade sowie aller französischen Teilstreitkräfte sowie Repräsentanten der französischen Kriegsveteranen teilnahmen. Auch die Regierungschefs des Saarlands, Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), und Baden-Württembergs, Winfried Kretschmann (Grüne), waren zu den Feierlichkeiten gekommen.
Das deutsch-französische Jugendwerk war mit rund 150 Jugendlichen vertreten, die zuvor an einem mehrtägigen Treffen im Elsass teilgenommen hatten. Dabei verabschiedeten sie eine Friedensbotschaft. Der beste Weg, die Beziehungen zwischen Völkern zu intensivieren, sei der direkte Kontakt der Jugend durch Austauschprogramme, hieß es: "Wir sind die Zukunft."
Am 3. August 1914 hatte das Deutsche Reich Frankreich den Krieg erklärt, nachdem bereits zwei Tage zuvor beide Länder ihre Truppen einberufen hatten. Vorausgegangen war die Ermordung des österreich-ungarischen Thronfolgers Franz-Ferdinand am 28. Juni in Sarajevo und eine Kriegserklärung der Doppelmonarchie an Serbien und eine Generalmobilmachung in Russland gegen Serbien. Insgesamt waren 62 Länder in den Weltkrieg verwickelt.
Gauck reiste nach der Zeremonie nach Lüttich weiter, wo am Montag die offiziellen Feiern Belgiens mit rund 20 Staats- und Regierungschefs stattfinden. Anschließend wird der Bundespräsident die Stadt Löwen besuchen, die nach dem deutschen Überfall auf Belgien im August 1914 stark zerstört worden war. Zum Abschluss des Belgienbesuchs steht für Gauck am Montagabend eine Gedenkzeremonie mit dem britischen Premierminister David Cameron auf dem Soldatenfriedhof Saint Symphorien bei Mons auf dem Programm.