Graumann: Muslimische Verbände tun zu wenig gegen Antisemitismus

Graumann: Muslimische Verbände tun zu wenig gegen Antisemitismus
Antisemitische Parolen, Angriffe auf Synagogen: In diesem Klima ruft der Stadtdekan Johannes zu Eltz die Christen eindringlich zum Handeln auf. Wer Juden in Frankfurt angreife, greife die Katholiken Frankfurts an, sagte er in seiner Predigt.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, wirft den muslimischen Verbänden vor, nicht genug gegen Antisemitismus zu tun. "Sie versprechen es, aber konkrete Schritte muss man mit der Lupe suchen", sagte Graumann der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Der Zentralrat der Juden habe sich stets für Muslime in Deutschland eingesetzt. Eine Solidarisierung von Muslimen mit Juden bleibe nun aber aus.

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Der Zentralrat der Muslime in Deutschland wehrt sich gegen den Vorwurf der Untätigkeit. Der Vorsitzende Aiman Mazyek sagte der Zeitung, in den Freitagsgebeten und im Austausch mit Jugendlichen setzten sich die islamischen Gemeinden sehr wohl mit Antisemitismus auseinander. Mazyek mahnte eine klare Unterscheidung zwischen Kritik an der israelischen Kriegspolitik und Antisemitismus an.

Auf Demonstrationen gegen den Gaza-Krieg hatten Muslime antisemitische Parolen gerufen. Zudem werden arabischstämmige Jugendliche verdächtigt, einen Anschlag auf die Synagoge in Wuppertal-Barmen verübt zu haben. Die Unsicherheit hat laut Graumann bei Juden in Deutschland stark zugenommen: "Wir laufen mit verwundeten Seelen herum." Der Zentralratspräsident kritisierte auch Politiker und Medien, weil sie zunächst nicht auf die Parolen der Demonstranten aufmerksam gemacht hätten.

In Frankfurt forderte der katholische Stadtdekan Johannes zu Eltz "Sicherheit, Schutz und Liebe" für die Juden. In seiner Predigt am Sonntag im Frankfurter Kaiserdom forderte er die Gläubigen eindringlich auf, die jüdische Gemeinde und ihre Mitglieder konkret zu unterstützen, "öffentlich für ihr Recht auf ein unbehelligtes und ungeängstigtes Leben in Frankfurt einzutreten und sich zur Not aktiv und offensiv vor sie zu stellen". Wer Juden in Frankfurt angreife, greife die Katholiken Frankfurts an, sagte zu Eltz.

Grosser wirft jüdischen Verbänden zu große Identifikation mit Israel vor

Im Zusammenhang mit den Demonstrationen gegen den Gaza-Krieg kritisiert der Publizist Alfred Grosser jüdische Verbände in Deutschland und Frankreich. "Das schlimme ist die ständige totale Identifikation mit Israel, auch wenn Israel momentan große Kriegsverbrechen begeht", sagte der französische Politologe und Historiker in einem Interview des Deutschlandfunks. Grosser wurde 1925 als Sohn eines jüdischen Arztes in Frankfurt am Main geboren und emigrierte mit seinen Eltern nach Frankreich.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland und die vergleichbare Institution in Frankreich vergäßen, dass es sich nicht um einen Krieg zwischen ebenbürtigen Konfliktparteien handle. Die Angriffe der Hamas auf Israel könne man nicht mit der Zerstörung von Häusern und Menschen im Gaza-Streifen vergleichen, sagte Grosser. Mit Blick auf die Demonstrationen in Frankreich kritisierte er auch die Medien. Sie berichteten ausschließlich über antisemitistische Taten, über Angriffe auf Muslime erfahre man nichts.

In mehreren Städten demonstrierten am Wochenende wieder Menschen für ein Ende der Kämpfe zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas. An einem "Schweigemarsch für den Frieden im Nahen Osten" in Aachen beteiligten sich am Samstag rund 300 Menschen. Auch in Hagen und Mönchengladbach gingen Menschen zu friedlichen Protesten auf die Straße. In Düsseldorf und Köln waren für Sonntag weitere Demonstrationen geplant.