Sozialverband fordert schnelle Hartz-Reformen

Foto: dpa/Arno Burgi
Sozialverband fordert schnelle Hartz-Reformen
Der Sozialverband Deutschland hat an die Bundesregierung appelliert, sich für umfassende Reformen am Arbeitsmarkt einzusetzen.

Mit einem am Mittwoch in Berlin vorgestellten Konzept zur Reform der Hartz-Gesetze setzte sich der Verband dafür ein, dass vor allem Langzeitarbeitslose stärker unterstützt werden. Linke und Grüne begrüßten die Vorschläge. Der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, Heinrich Alt, forderte die Unternehmen auf, auch Behinderte bei der Personalwahl zu berücksichtigen.

Appell für "inklusive Arbeitsmarktpolitik"

Zehn Jahre nach Einführung der Hartz-Gesetze ziehe man eine fatale Bilanz, sagte der Präsident des Sozialverbands, Adolf Bauer bei der Vorstellung. "Dieses System ist eine soziale, ökonomische und moralische Bankrotterklärung."

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Bauer zufolge haben Behinderte, ältere und geringqualifizierte Menschen derzeit kaum Chancen am Arbeitsmarkt. Zu einem Großteil seien Frauen betroffen. Die Aussonderung und Stigmatisierung der Langzeitarbeitslosen sei unwürdig und rasch zu beenden, unterstrich Bauer. Der Sozialverband sprach sich für eine "drastische Neuorientierung" aus, um eine "inklusive Arbeitsmarktpolitik" zu gestalten.

Die Vorsitzende des Arbeitskreises Sozialversicherung beim Verband, Ursula Engelen-Kefer, hob insbesondere die Förderung jüngerer Langzeitarbeitsloser hervor. Gerade sie hätten viel Potenzial eine Ausbildung zu beginnen oder in Arbeit zu kommen. Dies müsse man nutzen und mit entsprechenden Maßnahmen fördern.

Nachhaltige Qualifizierungsmaßnahmen statt Bewerbungstrainings

Als konkrete Beispiele forderten die Experten, kurzfristige Bewerbungstrainings durch nachhaltige Qualifizierungsmaßnahmen zu ersetzen. Zudem verlangten sie die Einführung eines sogenannten Arbeitslosengelds II Plus. Diese zusätzliche Geldleistung sollten Langzeitarbeitslose bekommen, die über einen längeren Zeitraum erwerbstätig waren und Beiträge in die Arbeitslosenversicherung gezahlt haben.

Über die Höhe der Kosten dieser Maßnahmen machte der Verband keine Angaben. "Ohne Zuschüsse funktioniert das System allerdings nicht", sagte Bauer. Würde allerdings eine komplette Umstellung des derzeitigen Systems gelingen, könnten zusätzliche Mittel frei werden, die dann in eine solche Maßnahmen fließen können.

Der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit (BA), Heinrich Alt, appellierte an die Wirtschaft, mehr Menschen mit Behinderung einzustellen. "Das ist keine Wohltat, nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung, sondern vor allem eine Frage der wirtschaftlichen Vernunft", sagte Alt dem in Berlin erscheinenden "Tagesspiegel" (Donnerstagsausgabe). Dies sei mit Blick auf den Fachkräftemangel notwendig. "Menschen mit Behinderung wollen arbeiten und sie können es. Das beweisen viele von ihnen Tag für Tag", sagte Alt.

"Hartz-IV ist unwürdig"

Die Parteivorsitzende der Linken, Katja Kipping, begrüßte die Vorschläge des Sozialverbands. "Hartz-IV ist unwürdig", erklärte Kipping. Die Linken-Politikerin sprach sich für eine Erhöhung der Regelsätze auf 500 Euro pro Monat und für die Abschaffung der Sanktionen aus. Zudem bekräftigte sie den Vorschlag der Linken nach einer Mindestsicherung von rund 1.050 Euro pro Monat.

Der Sprecher für Sozialpolitik der Grünen, Wolfgang Strengmann-Kuhn, forderte bürokratische Hürden abzubauen. "Der Bürokratieaufwand ist viel zu hoch und die Menschen sind mit den Anträgen oftmals überfordert", erklärte Strengmann-Kuhn. Notwendig wäre die Antragstellung zu vereinfachen, Bescheide transparenter zu gestalten und die Beratung zu verbessern. "Wir brauchen Hilfen, die den Menschen einfach und zielgenau zugänglich sind."

Eine Bund-Länder-Gruppe arbeitet derzeit an einer Reform der Hartz-Gesetze. Im Gespräch sind Änderungen vor allem im Verwaltungsbereich, aber auch bei den Sanktionsregelungen oder beim Zugang zu Hilfen. Die Vorschläge sollen im Herbst in einen Gesetzesentwurf eingearbeitet werden.