Bei einer Feierstunde zum 70. Jahrestag des Anschlags betonte das Staatsoberhaupt am Sonntag im Berliner Bendlerblock, zwar hätten die Verschwörer ihr Ziel nicht erreicht, Hitler zu töten. Den Frauen und Männern des 20. Juli sei aber auch bewusst gewesen, "dass es darum ging, ein in die Welt hinaus und in die Zukunft hinein wirkendes Zeichen zu setzen", sagte Gauck. Darum solle mit Begriffen wie "Scheitern" oder "Misserfolg" vorsichtig umgegangen werden.
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Der 20. Juli und alle anderen Widerstandsversuche hätten eine moralische und politische Bedeutung, betonte der Bundespräsident. Aus diesem Erbe heraus habe die neu gegründete Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg Legitimation schöpfen können. Auch die Bundeswehr berufe sich nicht auf obrigkeitsstaatliche Traditionen, sondern auf Widerstand gegen das Unrecht. "Von diesem moralischen Erbe zehrt unser Land bis heute", sagte Gauck. Veranstalter der Feierstunde waren die Bundesregierung sowie die Stiftung 20. Juli 1944.
Der Anschlag und der nachfolgende Umsturzversuch gegen das NS-Regime gelten als größter organisierter Widerstandsversuch im sogenannten Dritten Reich. Hitler wurde bei dem Attentat im Führerhauptquartier "Wolfsschanze" in Ostpreußen nur leicht verletzt. Nach dem Scheitern des Putsches wurden rund 200 Menschen als Mitwisser ermordet, unter ihnen auch der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer (1906-1945).
Der 20. Juli 1944 erinnere daran, mutig zu seinen Werten zu stehen und sich nicht mitschuldig zu machen, wenn anderen Unrecht geschehe, sagte Gauck weiter. Jeder Einzelne kenne die Frage, wie man sich selbst verhalten würde in der Gewissheit, dass der Preis des eigenen Handelns Gefängnis, Folter oder gar den Tod bedeuten könnte. Heute müssten die Menschen in Deutschland zwar nicht mehr so existenzielle Fragen beantworten wie damals. Aber auch in der Demokratie gelte es, "Werte zu leben und Verantwortung zu übernehmen", sagte Gauck.
Die Erinnerung an den 20. Juli lehre, dass es eine Wahl zwischen Handeln und Untätigkeit, zwischen Reden und Schweigen gebe, fuhr der Bundespräsident fort. "Wir haben auch eine Wahl zwischen Erinnern und Vergessen." So müsse die Frage gestellt werden, "welche Brückenschläge ins Heute möglich sind, um auch junge Leute für die mutigen Männer und Frauen des 20. Juli zu interessieren, obwohl sie selbst nie eine Diktatur kennenlernen mussten".