Mit Blick auf die für Herbst im Vatikan geplante Bischofssynode zum Thema Familie beklagte er in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) eine "Verengung der Diskussion auf die Frage der Zulassung zur Kommunion". Auch innerhalb der Kirche werde "oft das Wesen der Ehe nicht mehr voll verstanden und sie somit lediglich als ein auflösbarer 'Sozialvertrag' gesehen".
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Es gelte die prinzipielle Unauflöslichkeit der Ehe, betonte Müller: "Im Falle eines 'Scheiterns' gibt es de facto die Möglichkeit einer 'Trennung von Tisch und Bett', was ein wenig einer zivilen Scheidung entspricht." Bei einer Wiederheirat sei die Zulassung zur Kommunion über den Weg der Buße ausgeschlossen, sagte der ehemalige Regensburger Bischof: "Man kann keine Buße dafür tun, dass man sakramental gültig verheiratet ist." Ein Kommunionempfang sei "unter Umständen" nur dann möglich, wenn es den neuen Partnern in einer zweiten zivilen Verbindung möglich sei, sexuell enthaltsam zu leben.
Die Kommunion sei "kein einklagbares Recht", unterstrich der oberste katholische Glaubenswächter. Derzeit bestehe jedoch die Gefahr, "dass die Sakramente zu einem Zankapfel eines innerkirchlichen Macht- und Richtungskampfes zwischen Hardlinern und selbsternannten Flexiblen gemacht werden", warnte Müller, der 2012 vom mittlerweile emeritierten Papst Benedikt XVI. zum Präfekten der Glaubenskongregation ernannt worden war.
Auch beim Umgang mit der schismatischen Priesterbruderschaft St. Pius X. sieht der Kurienkardinal wenig Verhandlungsspielraum. Die Anerkennung der Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzils bleibt Müller zufolge Grundvoraussetzung für eine Überwindung des Schismas: "Einen anderen Weg als durch diese Türe kann es nicht geben."
Zum Dialog mit den Lutheranern äußerte sich Müller hingegen vorsichtig optimistisch. "Es fragt sich, wie weit die Positionen bei den Ursprungsereignissen der Reformation voneinander entfernt waren", sagte er. In den Jahrhunderten der Kirchenspaltung bildeten sich nach Auffassung des Präfekten "Missverständnisse, die sich historisch aufklären lassen". Die Gegensätze seien "nicht mehr so schroff sondern eingebettet in einen größeren Gesamtkonsens".