Ursula von der Leyen weiß wovon sie spricht: Als Mutter schulpflichtiger Kinder kennt sie sich mit Schulnoten bestens aus. Und eine 2,6 finde sie "vollständig in Ordnung", sagt sie. Knapp befriedigend bis gut also lautet die Bewertung des Bildungspaketes, über das die Bundesarbeitsministerin an diesem Freitag spricht. Es war genau ein Jahr zuvor nach langem Tauziehen zwischen Bund und Ländern, Koalition und Opposition an den Start gegangen.
Verordnet worden war es vom Bundesverfassungsgericht: Das hatte bessere Bildungs- und Teilhabechancen der Kinder aus Haushalten mit geringem Einkommen angemahnt. Die Hartz-IV-Sätze waren in den Augen der Karlsruher Richter dafür nicht ausreichend. Deshalb wurde das Paket aus Schulmittagessen, Schülerbeförderung, Nachhilfestunden und Beiträgen zu Sportvereinen und Musikschulen geschnürt.
Haushaltslöcher stopfen war nicht das Ziel
Um herauszufinden, wie das Bildungs- und Teilhabepaket für 2,5 Millionen arme Kinder bei den Betroffenen ankommt, ließ das Ministerium 2.300 "leistungsberechtigte Haushalte" befragen. Und die vergaben die Durchschnittsnote 2,6. Bei Geringverdienern und bei Menschen mit Migrationshintergrund fielen die Zensuren mit 2,2 und 2,5 sogar einen Tick besser aus.
Von der Leyen sieht damit fast alle Vorwürfe gegen ihr bislang wichtigstes Projekt widerlegt. "Ein bürokratisches Monster sieht anders aus", hielt sie den Kritikern entgegen. Die werfen ihr vor, ein beträchtlicher Teil der Gelder versickere in der Bürokratie, komme also bei den Kindern gar nicht an.
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast nennt dazu gleich das Beispiel Regionalverbund Ruhr. Dort standen im vergangenen Jahr 56 Millionen Euro für Paket-Leistungen zur Verfügung. Nur 24 Prozent davon seien aber zweckentsprechend ausgegeben worden. "Am Ende bleiben etwa 43 Millionen Euro übrig, die jetzt genutzt werden, um Haushaltslöcher in den Kommunen zu stopfen. Das war aber nicht das Ziel des Pakets."
Die Ministerin sieht darin kein Problem: Weil zum Start niemand habe wissen können, wie hoch die Nachfrage sei, habe man das Budget zunächst großzügig ausgelegt. "Wir stellen fest, dass es komfortabel ausgestattet ist." Künftig wird aber mit spitzem Stift abgerechnet. Kommunen erhalten dann nur noch die tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen vom Bund bezahlt. 2011 flossen so rund 1,6 Milliarden Euro, davon 400 Millionen Euro für zusätzliche Schulsozialarbeiter. Für die kommt der Bund aber nur noch bis Ende 2013 auf.
"Keine Vollversorgungsmentalität"
Gar nichts hält die Arbeitsministerin von Forderungen, den Eltern das Geld zur freien Verwendung aufs Konto zu überweisen statt Sach- und Dienstleistungen anzubieten. Das würde für jedes Kind genau 3,58 Euro im Monat ausmachen, rechnet sie vor: "Es hätte nichts verändert im Leben der Kinder." Klar ist aber auch, dass nicht überall Musikschulunterricht oder Schulmittagessen angeboten wird. Dort schauen dann nicht nur die armen Kinder in die Röhre.
Auch darin sieht die Ministerin kein Problem und erst recht keinen Widerspruch zum Urteil der Verfassungsrichter. Die hätten verlangt, dass Kindern aus Hartz-IV-Familien das Ortsübliche zu bieten sei. Nicht mehr, nicht weniger. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages, Hans-Günter Henneke pflichtet bei: "Da steht keine Vollversorgungsmentalität dahinter."
Viele haben Zweifel, ob arme Kinder mit dem ihnen zustehenden Monatsbeitrag von zehn Euro überhaupt die Teilnahme an Musikstunden oder Vereinstraining möglich ist. Für die Vizepräsidentin des Deutschen Städtetages, die scheidende Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth, steht das keineswegs infrage: "Im Gruppenunterricht kann auch Geigenspiel für zehn Euro vermittelt werden."