US-Vorwahlkampf: So giftig und schmutzig wie nie

US-Vorwahlkampf: So giftig und schmutzig wie nie
Der morgige "Super Tuesday" dürfte die Entscheidung bringen, welcher Republikaner im November gegen US-Präsident Barack Obama antritt. Je länger die Vorwahlen dauern, desto schärfer werden die Angriffe der Kandidaten aufeinander. Es hagelt Schläge unter der Gürtellinie. Das könnte böse Folgen haben.
02.03.2012
Von Marco Mierke

Der Mann mit dem Gewehr sieht Mitt Romney sehr ähnlich. Weißes Hemd, nach hinten gekämmtes Haar, graue Schläfen, so kennt man den republikanischen Präsidentschaftsbewerber. Der Mann in dem TV-Werbespot ist böse, er schießt mit Schlammbrocken um sich und lacht dreckig. Er hat es auf Rick Santorum abgesehen, feuert einer Pappfigur seines Kontrahenten den braunen Matsch voll ins Gesicht. Aus dem Off ertönt eine Stimme: "Romneys negative Angriffsmaschine ist zurück", sagt sie und prophezeit, dass die "hässlichen Attacken" des Ex-Gouverneurs nach hinten losgehen würden.

Dieser Spot für Santorum aus dem Vorwahlkampf im US-Staat Michigan ist der Stoff, mit denen die republikanischen Hoffnungsträger für das Weiße Haus derzeit die Bürger auf ihre Seite ziehen wollen. Mitbewerber um die Kandidatur - wohlgemerkt aus der eigenen Partei - werden als Möchtegern-Rambos verunglimpft, als Heuchler bezeichnet oder als Schuldenmacher. Es wird Misstrauen geschürt, Zitate werden aus dem Zusammenhang gerissen, Fakten bis zum Zerbrechen gebogen. Experten sprechen von dem negativsten Wahlkampf in der US-Geschichte.

Wie in einer griechischen Tragödie

"Es ist, als würde man einer griechischen Tragödie zuschauen", beklagte der republikanische Senator und Präsidentschaftskandidat von 2008, John McCain, kürzlich im "Boston Herald". Die negativen Kampagnen und zunehmenden persönlichen Angriffe auf niedrigem Niveau seien nicht auszuhalten. "Das hätte längst aufhören müssen." Doch daran ist kaum zu denken. Man werde von den Gegnern förmlich zu dieser Strategie der "verbrannten Erde" gezwungen, meint Rick Tyler, Chef der einer politischen Gruppe, die Anzeigen im Wert von Millionen für den Ex-Parlamentspräsidenten Newt Gingrich schaltet.

Tatsächlich schießt in dem parteiinternen Rennen mittlerweile jeder gegen jeden. Ein Spot für Romney zeigt einen Mann im Anzug in trübem Gewässer ertrinken. "Amerika versinkt in Schulden, dennoch unterstützte Rick Santorum Milliarden für Staatsprogramme", erklärt ein Sprecher. In einem anderen Spot für den Multimillionär geht es um Gingrich: "Haben wir nicht schon genug Fehler gehabt?", werden die Wähler gefragt. Eine Werbung für den Abgeordneten Ron Paul nennt Gingrich gar einen "Serien-Heuchler", und lässt zumindest erahnen, dass in Anspielung auf dessen Frauenaffären auch "Serien-Fremdgeher" gemeint sein könnte.

Studien belegen, dass die "Schlechtmacherei" geradezu explodiert ist. Vor vier Jahren richteten sich gerade einmal sechs Prozent der Werbung im republikanischen Vorwahlkampf gegen Kontrahenten aus der eigenen Partei. Diesmal sind es weit mehr als die Hälfte, Millionen flossen in den vergangenen zwei Monaten schon in Negativspots. Schuld ist maßgeblich eine neue Gesetzeslage, die ungezügelte Wahlkampfspenden für formell unabhängige politische Gruppen erlaubt.

Schläge unter die Gürtellinie

Jeder Kandidat hat mindestens eines dieser Super-PACs an seiner Seite. Diese können anders als die Wahlkämpfer selbst mit ihrem vielen Geld schalten und walten, wie sie wollen. Müssen die Politiker bei eigenen Spots persönlich sagen, die Botschaft ihrer Werbung zu unterstützen, können die Anzeigen der Super PACs völlig anonym über den Sender gehen. Schläge unter der Gürtellinie wirken dadurch nicht mehr so ehrabschneidend, scheinen zumindest die Politiker zu denken.

Doch Fachleute warnen bereits, dass sich die Partei damit nur selbst demontiert. "Obamas Berater sehen mit Entzücken, wie sich die Republikaner gegenseitig schlecht machen", kommentiert die "Washington Post". Wenn die Wähler weiter mit ungehemmter Kritik an den Kandidaten bombardiert würden, "wird keiner mehr übrig sein, der gegen Barack Obama stimmen will", befürchtet selbst Tyler. Dabei ist es seine eigene Organisation, die wie die anderen schon für den kommenden "Super Tuesday" mit Abstimmungen in zehn Bundesstaaten Plätze für Werbespots gekauft hat. "Mitt Romney? Ich weiß wirklich nicht, ob ich ihm vertrauen kann", sagt ein Wähler darin und verdreht die Augen.

dpa