Während des Zweiten Weltkrieges zählte Sandbostel zu den größten Kriegsgefangenenlagern der Wehrmacht. Auf dem 3,2 Hektar großen Areal der heutigen Dokumentations- und Gedenkstätte steht ein einzigartiges Ensemble historischer Lagerbauten. Bund, Land, Landkreis und die Reemtsma-Stiftung investieren rund 1,4 Millionen Euro, um einige der Baracken vor dem Verfall zu retten und die Ausstellung aufzubauen, die das Berliner Büro "raumkollektiv" gestaltet. "Das Außengelände wird durch ein Informationsleitsystem erschlossen", kündigte Ehresmann an.
Die Ausstellung soll in zwei Gebäuden mehrere Zeitphasen dokumentieren: Zwischen 1939 und 1945 waren dort etwa 600.000 Menschen aus mehr als 70 Nationen interniert. Bis zu 50.000 Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge wurden ermordet oder starben an Seuchen, Durst und Hunger. Nach der Befreiung wurden hier SS-Angehörige und Mitglieder von KZ-Wachmannschaften inhaftiert. Ab 1948 war Sandbostel ein Zuchthaus, dann ein Auffanglager für jugendliche DDR-Flüchtlinge, später ein Bundeswehrdepot.
Abwehr und Verdrängung in der Erinnerungskultur
1974 entstand dort schließlich ein Gewerbegebiet namens "Immenhain", das bis heute weite Teile des ehemaligen Lagergeländes umfasst. Über Jahrzehnte wurde über eine Gedenkstätte gestritten, viele Baracken zerfielen in dieser Zeit. Sandbostel sei insofern ein Beispiel für Abwehr und Verdrängung in der Erinnerungskultur der Nachkriegsgeschichte, sagte während der Tagung die Historikerin Andrea Genest, die mit anderen die Ausstellung vorbereitet.
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Auf dem Areal der Ende 2004 gegründeten Stiftung Lager Sandbostel gibt es elf Gebäude des damaligen Lagers. Kritiker empören sich über das Gewerbegebiet und fordern, dass auch dieses Gelände mit den darauf stehenden historischen Gebäuden von der Stiftung übernommen wird. Doch dafür fehle das Geld, heißt es.
"Denkmäler aus der Zeit" von wachsender Bedeutung
Angesichts der abnehmenden Zahl von Zeitzeugen sind die Gebäude laut Ehresmann gleichwohl als "Denkmäler aus der Zeit" von wachsender Bedeutung. "Oftmals kommen zu uns Menschen und sagen, im Gegensatz zu den großen KZ-Gedenkstätten Neuengamme und Bergen-Belsen sehe man in Sandbostel, wie es war - obwohl man hier natürlich historische Gebäude einer Gedenkstätte sieht und nicht, wie es war."
Vorrangig sei das ehemalige Lager Gedenkort für die hier umgekommenen Kriegsgefangenen, Internierten und KZ-Häftlinge, betonte Ehresmann. Die meisten Opfer waren sowjetische Kriegsgefangene. Britische Truppen befreiten das "Stalag X B", wie es offiziell hieß, am 29. April 1945.
Obwohl es noch gar keine Dauerausstellung gibt, wurde Sandbostel im vergangenen Jahr von 8.500 Gästen besucht. Darunter waren ehemalige Gefangene und deren Angehörige, aber auch fast 100 Jugendgruppen. Die Dauerausstellung soll 2013 zum Jahrestag der Befreiung am 29. April eröffnet werden.