Bastis größter Weihnachtswunsch ist eine Spielekonsole. Seine Mutter weiß das, und am liebsten würde sie ihm einfach eine kaufen. Doch es geht nicht, denn das Geld ist knapp. Die 47-Jährige aus dem niederbayerischen Landkreis Dingolfing-Landau kann wegen eines Rückenleidens seit Jahren nicht arbeiten, sie lebt von Hartz IV und Kindergeld. Vor Weihnachten, wenn die Kinderaugen am größten sind, muss sie manchen Wunsch ihres Sohnes ausschlagen oder den Zehnjährigen vertrösten. "Kleine Geschenke bekommt er, aber nichts Großartiges wie die anderen." Sie habe ihm erklärt, dass es anders nicht gehe.
Basti weiß, dass die meisten seiner Klassenkameraden mehr und teurere Weihnachtsgeschenke bekommen als er. "Leid tue ich mir deshalb nicht", sagt er. "Dafür habe ich eine Mama, die immer Zeit hat." Er sei nicht traurig, wenn nicht so viel unterm Christbaum liege - auch wenn er die Spielekonsole schon sehr gerne hätte. Für die 47-Jährige ist es manchmal schon belastend, dass ihr Sohn weniger Spielsachen hat als seine Freunde, etwa Computerspiele. "Die anderen reden und er kann nicht mitreden", erzählt die Alleinerziehende.
"Die finanzielle Not zieht sich durchs ganze Jahr"
Sie ist diszipliniert und schaut übers Jahr genau, was sie sich leisten kann und was nicht. Früher war sie Steuergehilfin: "Ich kann kalkulieren." Einkaufen gehe sie sowieso nicht gern. Für die Weihnachtszeit lege sie zwar übers Jahr Geld zurück, aber der Dezember sei nicht der einzige teure Monat. Im Januar zum Beispiel stünden die Versicherungen an und auch für Geburtstage müsse Geld da sein. Für einen Christbaum brauche sie allerdings nichts zurückzulegen, den bekomme sie jedes Jahr von ihrem Vater geschenkt. Seit Jahren nehme sie denselben Christbaumschmuck, sagt die Mutter. "Das ist alles noch brauchbar."
Alleinerziehende sind dem Statistischen Bundesamt zufolge besonders von Armut bedroht. Sie und ihre Kinder sind nach Arbeitslosen die am stärksten betroffene Gruppe: 2009 galten 43 Prozent der Menschen in diesen Haushalten als armutsgefährdet. Zum Vergleich: Werden alle Haushalte mit Kindern betrachtet, liegt die Quote bei 15 Prozent. Sozialpädagogin Michaela Wein kennt die Nöte von Frauen wie Bastis Mutter gut, sie leitet die Arbeitsstelle für Alleinerziehende der Diözese Regensburg.
"Die finanzielle Not zieht sich durchs ganze Jahr", sagt sie. Viele Mütter empfänden es aber gerade in der Vorweihnachtszeit belastend, wenig Geld zu haben. "Man hat ja auch den Anspruch, eine gute Mutter zu sein, mit allem was dazugehört." Wer Glück habe, bei dem sprängen Omas und Opas ein oder - wenn das Verhältnis gut sei - der Ex-Partner. Das Gefühl, von der Gesellschaft ausgegrenzt zu sein, könne in der Weihnachtszeit besonders stark werden.
"Geschenke sind nicht der Sinn des Festes"
Für die Kinder sei es ein Lernprozess, dass für viele Geschenke das Geld einfach nicht reiche - ebenso wie für die Mütter, sagt Wein. "Ich denke, dass die Kinder dafür schon ein gutes Gespür haben." Es geschehe da sehr viel auf einer anderen, emotionalen Ebene. Auch Bastis Mutter sagt: "Bei anderen Familien gibt es zwar große Geschenke, aber trotzdem wird Weihnachten viel gestritten." Und schließlich seien nicht die Geschenke der Sinn des Festes. Vielmehr gehe es darum, zur Ruhe zu kommen. "Ich glaube nicht, dass es überall so harmonisch ist wie bei uns beiden." Jede Familie müsse selbst dafür sorgen, dass Weihnachten schön verlaufe, ob mit oder ohne Geld.
Bastis Mutter behält ihre finanzielle Situation für sich. "Stolz bin ich nicht darauf", sagt sie. Sie wolle nicht, dass die Leute redeten und ihr Sohn Schwierigkeiten bekomme. Sie selbst habe keine großen Wünsche. "Ich habe ein gesundes Kind, was will ich mehr", sagt sie. Wenn richtig viel Geld da wäre, überlegt die 47-Jährige, dann würde sie sich vielleicht einen schönen Bademantel kaufen. "Und dann würde die Spielekonsole unterm Christbaum liegen, das ist klar."