Filmkritik: "Die Abenteuer von Tim und Struppi"

Filmkritik: "Die Abenteuer von Tim und Struppi"
Zurück zur Unschuld: Steven Spielberg bringt die Comic-Adaption "Die Abenteuer von Tim und Struppi" in 3D auf die Leinwand. Eine Frischzellenkur, in der er zur Naivität früherer Filme zurückkehrt.
25.10.2011
Von Sascha Westphal

An einem kleinen Stand auf einem Pariser Trödelmarkt entdeckt der Reporter Tim (Jamie Bell) ein kunstvoll gearbeitetes Modell eines alten Kriegsschiffs. Gleich nachdem er die "Einhorn" erworben hat, tauchen kurz hintereinander zwei Männer auf, die sie ihm wieder abkaufen wollen. Als er sich darauf nicht einlässt, wird sie ihm aus seiner Wohnung gestohlen. Die Spur führt zu dem sinistren Geschäftsmann Iwan Iwanovitsch Sakharin (Daniel Craig), der auch schon das Schloss in seinen Besitz gebracht hat, das einst der Familiensitz des Kapitäns der "Einhorn" war.

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Die Comic-Adaption "Die Abenteuer von Tim und Struppi: Das Geheimnis der 'Einhorn'" ist der erste Animationsfilm von Starregisseur Steven Spielberg. Eine Frischzellenkur, in der er zur Naivität und Unschuld früherer Filme wie "Star Wars" oder "Indiana Jones" zurückkehrt. Der jungenhafte Reporter Tim war eigentlich immer schon ein Bruder im Geiste von Indiana Jones und damit wie geschaffen für Spielberg.

Mit Tim und seinem treuen, ihm immer wieder aus der Klemme helfendem Gefährten, dem weißen Foxterrier Struppi, hatte der belgische Comicautor Hergé 1929 das europäische Gegenstück zu den Helden amerikanischer Abenteuer-Geschichten jener Zeit geschaffen. Wie in den Comics um "Batman" und "The Shadow" mischen sich auch in Hergés Geschichten Elemente ganz verschiedener Genres und formen eine fantastische Welt, die aber auch ein Spiegel aktueller Situationen und Entwicklungen war. Nur stand diese Welt eben ganz in einer europäischen, von Jules Verne geprägten Tradition.

Diesen Wurzeln bleibt Steven Spielberg absolut treu. Eine der großen Actionsequenzen erinnert von fern an die legendäre Lorenfahrt aus "Indiana Jones und der Tempel des Todes". Mit dieser Hommage schlägt Spielberg zugleich einen Bogen zurück in die Zeit der Arglosigkeit. Ansonsten folgt er aber seiner Vorlage mit geradezu liebevoller Hingabe.

Real- und Animationsszenen verschmelzen zu eigener Kunstform

Schon die Entscheidung, den Film mittels des Performance-Capture-Verfahrens zu realisieren, das bisher Robert Zemeckis ("Beowulf") Domäne war, kommt einer Verbeugung vor Hergé gleich. Dabei offenbart sich erstmals das ungeheure Potenzial dieser Technik, die den Real- und den Animationsfilm digital zu einer ganz eigenen Kunstform verschmilzt.

Anders als Zemeckis setzt Spielberg nicht auf simplen Realismus. Selbst mit größten Anstrengungen kann man in Tim kaum Jamie Bell erkennen. Auch die Schauspieler Andy Serkis, Daniel Craig, Nick Frost und Simon Pegg verschwinden visuell nahezu ganz hinter Hergés Schöpfungen. Trotzdem versucht Spielberg aber nicht, den Zeichenstil der Graphic Novel einfach zu kopieren. Seine 3D-Bilder sind Kino pur. So wird er dem Geist Hergés wie auch den Eigenarten des Films gerecht.

USA/NZ 2011. R: Steven Spielberg. B: Steven Moffat, Edgar Wright, Joe Cornish. Mit: Daniel Craig, Jamie Bell, Simon Pegg, Cary Elwes, Andy Serkis. L: 107 Min. FSK: ab 6, ff.

epd