Bundestag stimmt über neue Euro-Rettungshilfen ab

Bundestag stimmt über neue Euro-Rettungshilfen ab
Vor der an diesem Donnerstagvormittag anstehenden Bundestagsabstimmung über erweiterte Euro-Hilfen haben Gegner und Befürworter unter den Koalitionären noch einmal für ihre Positionen geworben.

Die Befürworter warnen vor einer Gefährdung des Euros und damit der europäischen Einigung, wenn der Rettungsfonds EFSF nicht gestärkt wird - die Gegner befürchten einen weiteren Schritt hin zu einer Schuldenunion, die selbst das wirtschaftsstarke Deutschland überfordern würde. Eine Mehrheit des gesamten Parlaments gilt trotz des koalitionsinternen Widerstands als sicher, da SPD und Grüne bereits Zustimmung signalisiert haben.

Unions-Fraktionsmanager unsicher über Kanzlermehrheit

Kurz vor der Bundestagsabstimmung zur Reform des Euro-Rettungsschirms EFSF ist sich Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier (CDU) der Kanzlermehrheit weiterhin nicht sicher. Er sagte im ARD-"Morgenmagazin" am Donnerstag: "Ich habe immer gesagt: Die Kanzlermehrheit ist nicht das Entscheidende. Ich weiß auch wirklich gar nicht, ob es darauf ankommt, ob die mit einer Stimme erreicht wird oder nicht erreicht wird."

Er gehe davon aus, dass es "ein gutes Ergebnis" für die schwarz- gelbe Koalition geben werde. Altmaier weiter: "Wenn es für die Kanzlermehrheit reicht, umso besser. Aber entscheidend ist, dass wir eine eigene Mehrheit zustande bringen." Der Fraktionsmanager betonte: "Wir brauchen ein starkes Signal für die Nachbarländer und für die Märkte in Europa und weltweit. Das bedeutet, wenn CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne gemeinsam zustimmen, wird deutlich: Deutschland will den Euro erhalten und Deutschland ist bereit dafür zu kämpfen."

Es werde jedoch keinerlei Druck auf Abgeordnete der Koalition ausgeübt, sagte Altmaier. "Diese Vorwürfe sind Unsinn. Ich habe keinen Druck ausgeübt, und das gilt auch für alle anderen. Wir haben frei gewählte Abgeordnete, 237 in meiner Fraktion, wir können gar nicht mit jedem einzelnen darüber reden, selbst wenn wir wollten."

Seehofer lehnt Erweiterungen des Schutzschirms ab

CSU-Chef Horst Seehofer bekräftigte sein aktuelles Ja bei gleichzeitiger Ablehnung weitergehender Maßnahmen. Die CSU stehe zur jetzigen Reform, lehne aber neuerliche Erweiterungen des Schutzschirms ab. "Wenn eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit Deutschlands droht, ist Schluss", erklärte der bayerische Ministerpräsident in der "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstag).

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warb in der "Bild"-Zeitung um Zustimmung, geht aber nicht davon aus, dass das Rettungspaket ausreicht: "Wer heute verspricht "Das war's", der ist nicht ehrlich. (...) Frau Merkel und Herr Schäuble beschummeln die eigenen Leute, wenn sie das Gegenteil behaupten."

Die schwarz-gelbe Koalition rechnet trotz mehrerer Abweichler mit einer einfachen eigenen Mehrheit. Fraglich war bis zuletzt aber, ob es für die symbolträchtige sogenannte Kanzlermehrheit von 311 Stimmen reicht. Für sie kann sich das Regierungslager nur 19 Nein-Stimmen oder Enthaltungen erlauben.

Abweichler Bosbach beklagt Druck auf ihn

Einer der Abweichler ist der CSU-Abgeordnete Josef Göppel. "Deutschland erhöht seine Garantieverpflichtung von 123 auf 211 Milliarden Euro, ohne dass damit eine Regulierung spekulativer Finanzgeschäfte verbunden ist", kritisierte er in einer persönlichen Erklärung, die der dpa vorliegt. Der CDU-Haushaltsexperte Klaus-Peter Willsch plädierte in den "Ruhr Nachrichten" (Donnerstag) für einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone.

Der prominenteste Gegner, der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, beklagte starken Druck auf ihn. Natürlich drohe niemand mit einem Ende der politischen Karriere. "Das läuft schon subtiler ab", sagte Bosbach, der bislang als Gefolgsmann von Kanzlerin Angela Merkel galt, der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstag). Er habe erwartet, wegen des Neins Ärger zu bekommen, aber nicht so großen.

Der CDU/CSU-Vizefraktionschef Michael Meister warb in der "Mitteldeutschen Zeitung" (Online-Ausgabe) für ein Ja: "Von außen betrachtet geht es um die Frage: Nimmt Deutschland seine Führungsrolle wahr und ist Europa in der Lage, die Euro-Krise zu bewältigen?"

Gegensteuern bei Fehlentwicklungen

Der EFSF-Rettungsfonds soll neue Instrumente und zusätzliche Gelder zur Stützung von Euro-Krisenländern erhalten. Abgestimmt wird auch über mehr Beteiligungsrechte des Parlaments bei den Euro-Hilfen. Eine stärkere Mitsprache des Bundestages hatte kürzlich auch das Bundesverfassungsgericht verlangt.

Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Norbert Barthle (CDU), sprach sich derweil für einen EU-Haushaltskommissar "mit umfassenden Durchgriffsrechten" aus. Die Nationalstaaten würden dann zwar weiter ihre Etats aufstellen, erläuterte er in der "Rheinischen Post" (Donnerstag). "Aber es sollte eine Instanz geben, die bei Fehlentwicklungen europaweit gegensteuern kann."

dpa