Hexen, Drachen, Zauberei: Wie gottlos ist Entenhausen?

Hexen, Drachen, Zauberei: Wie gottlos ist Entenhausen?
Seit 60 Jahren bringt die Comic-Zeitschrift "Micky Maus" den deutschen Lesern das bunte Leben in Entenhausen nahe - doch Religion und Kirche scheinen dort keine Rolle zu spielen. Wirklich? Entenhausen-Experte Martin Söllig geht für evangelisch.de der Frage auf den Grund.
22.08.2011
Von Martin Söllig

In Entenhausen gibt es eine Kirche. Und was für eine! Das Entenhausener Münster ist ein riesiger Kathedralenbau, und nach Aussage eines Passanten soll es "so groß sein wie der Wiener Stephansdom, nur nicht ganz so schön". So weit, so gut. Wenn man sich aber das Münster genauer betrachtet, so stellt man fest, dass sich darin zwar eine riesige Orgel, aber ansonsten Ritterrüstungen, Wasserspeier und ein Wunschbrunnen befinden. Keine Spur von einem Altar, von Kreuzen oder Heiligenbildnissen. Man hat den Eindruck, als wäre dieses Gebäude zwar eine Kirche, würde aber nicht mehr als Kirche genutzt, sondern diene folkloristischen Zwecken.

Die Entenhausener Gesellschaft hingegen hat eindeutig christliche Wurzeln: Man feiert Weihnachten, Ostern und das Erntedankfest. Arme Kinder beten um Schnee für ihre Skulptur einer Schneekönigin. Es gibt Friedhöfe mit Gräbern und Grabsteinen, und einer der Vorfahren Dagoberts hieß sogar David Fürchtegott Duck. Biblische Geschichten wie die von Jonas und dem Walfisch oder Noah und der Arche zählen zum Allgemeingut.

Trend zur Säkularisierung …

Ebenso ist die christliche Symbolik des Bösen im Alltag präsent: Zu Halloween verkleiden sich Kinder gern als Teufelchen, es gibt leibhaftige Hexen in Entenhausen und Dagobert bezeichnet das Zerreißen eines Schecks als eine Sünde. Man ist also vertraut mit christlichem Vokabular und Brauchtum. Aber eine aktive Ausübung des christlichen Glaubens ist uns von keinem Einwohner Entenhausens überliefert worden. Es sieht so aus, als hätte der Trend zur Säkularisierung auch vor Entenhausen nicht haltgemacht - Religion spielt im Alltag offenbar keine große Rolle mehr.

Dafür können wir in Entenhausen Verhaltensweisen beobachten, die in unserer Welt nur als Aberglaube und Götzendienst zu bezeichnen wären. Talismane beispielsweise stehen hoch im Kurs. Gustav Gans glaubt ebenso an die Wirkung seiner Hasenpfote wie Dagobert an die seines Glückstalers. In den Museen stehen Statuen von heidnischen Göttern, und es sind bei Weitem nicht nur die Naturvölker in der Entenhausener Welt, die felsenfest an ihre Götzen glauben.

... aber Kultgegenstände im Badezimmer?

Auch Dagoberts Verhältnis zu seinem Geld hat etwas von religiöser Inbrunst an sich. Und warum stehen eigentlich Zahnbürsten in den Badezimmern der Ducks, wenn sie denn nicht kultischen Zwecken dienen? Schließlich haben die Ducks doch gar keine Zähne! (Zumindest keine permanenten Zähne, aber das Thema würde hier zu weit führen.)

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Das Besondere an Entenhausen ist, dass dies alles kein Aberglaube ist, sondern reale Auswirkungen auf das wirkliche Leben hat. Dagobert hat ohne seinen Glückstaler tatsächlich kein Glück, und es gibt auch sehr wirkungsvolle unglücksbringende Edelsteine, magische Gegenstände und effektive Flüche.

Hexen, Zauberer und auch der Weihnachtsmann sind existierende Wesen, Zauberei funktioniert, wir begegnen in Entenhausen sowohl Zombies und nordischen Göttern als auch mythologischen Wesen wie den geflügelten Harpyien oder Drachen. Mit all dem muss der Entenhausener in seinem Alltag zurechtkommen, und er meistert dies mit viel Geschick.

Spiegelbild der Gesellschaft

In Entenhausen ist man besser auf alles vorbereitet und lässt sich nicht überraschen. Begegnet man einem Fabelwesen, sollte man dessen Existenz nicht in Frage stellen. Auch bei einem Zauberer, Geist oder Außerirdischen ist es ratsam, nicht von einer optischen Täuschung auszugehen, sonst könnte man schnell auf unangenehme Weise vom Gegenteil überzeugt werden. Demzufolge sind Entenhausener jederzeit bereit, an das Übersinnliche und Mystische zu glauben. Wenn es hinterher eine wissenschaftliche Erklärung dafür gibt, ist das schön. Wenn nicht, auch gut.

Trotz aller dieser Einflüsse ist es augenfällig, dass das Zusammenleben in Entenhausen eindeutig durch christliche Werte geprägt ist. Man fasst gute Vorsätze, es wird sich für wohltätige Zwecke engagiert, das Prinzip der Nächstenliebe ist allgegenwärtig.

Das Denken und Handeln der Entenhausener hat christliche Wurzeln, aber in ihrer Welt gibt es zu viele Dinge, die sie von der Ausübung der christlichen Religion ablenken. Nicht nur darin ist Entenhausen ein Spiegelbild unserer eigenen Gesellschaft. Wie Donaldisten zu sagen pflegen: Entenhausen ist überall!

Wer ist das mysteriöse, allwissende Dreifachwesen?

Schließlich noch ein Denkanstoß: Eine der aufsehenerregendsten donaldistischen Forschungsarbeiten der letzten Jahre (nämlich meine!) hatte zum Ergebnis, dass die drei Neffen Tick, Trick und Track keine gewöhnliche Drillinge sind. Ihre Synchronizität in Bewegung, Sprache und Gedanken legt vielmehr nahe, dass es sich hier um ein Wesen mit drei Körpern und einem gemeinsamen Bewusstsein handelt, ein sogenanntes Dreifachwesen.

Wenn man nun auch noch in Erwägung zieht, dass die Neffen in jeder kniffligen Situation mithilfe ihres schlauen Buches immer das gerade benötigte Wissen parat haben, und dass ein solches Taschenbuch unmöglich das gesamte Wissen der Welt speichern kann, dann stellt sich die Frage nach der Natur dieses Buches. Und nach der Natur der Neffen. Ist es nicht möglich, dass die Neffen allwissend sind, und das Buch nur als Placebo benutzen, um ihre Umwelt nicht zu irritieren? Und ein allwissendes Wesen mit einer dreifachen Ausprägung gibt es doch auch in unserer Welt, oder?

Das müsste dringend einmal erforscht werden.


Martin Söllig ist amtierende PräsidEnte der D.O.N.A.L.D., der Deutschen Organisation der Nichtkommerziellen Anhänger des Lauteren Donaldismus. Die Donaldisten erforschen Entenhausen auf Grundlage der Berichte von Carl Barks (Bild) und Erika Fuchs (Text). Alle anderen Geschichte über Entenhausen sind für sie mehr oder weniger nette Unterhaltungsliteratur, Barks und Fuchs dagegen berichten nach Überzeugung der Donaldisten von tatsächlichen Begebenheiten aus Entenhausen.

 


Gewinnspiel: Fällt Ihnen ein Bespiel ein, wie gottlos oder christlich Entenhausen ist? Dann schicken Sie uns Ihre Antwort bis Dienstag, 30. August 2011, 12 Uhr per Mail an: info@evangelisch.de. Unter den drei besten Antworten verlosen wir:

- Das Micky-Maus-Jubiläumsalbum Nr. 1 und einen Nachdruck der Erstausgabe von 1951;

- Ein Kinder-Abenteuerpackage mit einem Micky Maus-Rucksack, Abenteuerset (Taschenlampe, Kompass und so weiter), einen Nachdruck der Erstausgabe sowie das Heft "Donalds Rätselspaß";

- Ein Kinder-Sportpackage mit: einer Micky Maus-Sporttasche, einer Donald-Trinkflasche, einen Nachdruck der Erstausgabe sowie ein Heft "Donalds Rätselspaß" .

Wir sind gespannt auf Ihre Antwort und drücken Ihnen die Daumen. Ihr evangelisch.de-Team!