Im Januar hat der Gouverneur von Colorado, Bill Ritter, den 1939 in der Gaskammer des Bundesstaates wegen Vergewaltigung und Mordes an einer 15-Jährigen getöteten Joe Arridy begnadigt. Die entlastenden Beweismittel seien überwältigend, erklärt Ritter. Der 23-Jährige sei stark geistig behindert gewesen. Todesstrafengegner haben nun einen Grabstein errichtet: "Joe Arridy: Hier ruht ein unschuldiger Mann."
Unschuldig war wohl auch der 1845 im Bundesstaat Rhode Island gehenkte John Gordon. Im Juni hat ihn der heutige Gouverneur Lincoln Chafee begnadigt. Der Prozess sei "höchst fragwürdig gewesen", sagt Chafee. Es habe "keine konkreten Beweise" gegeben. Die Begnadigung solle "diese Ungerechtigkeit zurechtrücken".
Fragwürdige Umstände
Mitte des 19. Jahrhunderts waren 100.000 Einwohner des Bundesstaats an der Atlantikküste Protestanten, ein paar Tausend Katholiken. Die protestantische Mehrheit stellte sich gegen die vielen katholischen Einwanderer aus Irland. Die bettelarmen Iren galten als ungehobelt und nicht anpassungswillig.
Damals empörten die protestantischen Bewohner sich über den Mord an dem Unternehmer Asama Sprague. Der Verdacht fiel schnell auf Gordon - den katholischen Einwanderer aus Irland und Mitinhaber einer Bar. Auf Druck Spragues, der angeblich über die Trinkgewohnheiten seiner Arbeiter besorgt war, hatte die Bar nämlich ihre Alkohollizenz verloren. Unter den Geschworenen war kein Katholik, und die Kronzeugin konnte Gordon nicht einmal identifizieren. Seitdem hat Rhode Island niemanden mehr hingerichtet.
Der Bundesstaat Minnesota befasst sich zurzeit mit der möglichen Begnadigung des 1862 hingerichteten Dakota-Indianers We-Chank-Wash-ta-don-pee. Der unter dem Namen Chaska bekannte Mann wurde zusammen mit 37 Indianern bei der größten Massenhinrichtung der US-Geschichte gehenkt. Dabei hatte Präsident Abraham Lincoln seine Strafe bereits zu einer Haft geändert.
Die Henker haben Chaska Historikern zufolge möglicherweise verwechselt oder ihn wegen seines angeblichen Verhältnisses mit einer weißen Frau hingerichtet. Die Todesurteile erfolgten nach blutigen Kämpfen in Minnesota zwischen den Dakotas und weißen Siedlern.
Auch heutzutage noch Fehlurteile
Kristin Houlé leitet eine texanische Initiative gegen die Todesstrafe. Auch ein paar der aktuellen Hinrichtungen in Texas seien sehr problematisch, sagte Houlé dem epd. Es sei aber "sehr schwierig", im Nachhinein die Unschuld des Toten zu beweisen. Das zeige sich auch bei dem 2004 hingerichteten Cameron Willingham. Er soll sein Haus angezündet haben, um seine drei Töchter umzubringen. Nach neuen Gutachten hätten die Brandermittler schwere Fehler gemacht. Ein defekter Ofen habe das Feuer verursacht.
Gouverneur Rick Perry hatte die Vollstreckung des Todesurteils autorisiert. Er gilt auch als einer der möglichen Kandidaten bei den kommenden US-Präsidentschaftswahlen. Zurzeit beschäftigt sich eine Forensik-Kommission mit den Prozessgutachten. Doch der Ausschuss kommt nicht mehr voran, seit Perry im November 2009 den Vorsitzenden der Kommission vor einer entscheidenden Sitzung abgesetzt hat.
Seit der Wiedereinführung der Todesstrafe im Jahr 1976 gibt es dem gemeinnützigen Informationszentrum zur Todesstrafe zufolge an die zehn Fälle mit "starken Hinweisen" auf die Unschuld der Toten - darunter Willingham. Aber lückenlos lasse sich das schlecht beweisen, da sich Gerichte mit den Todesurteilen nach einer Hinrichtung nicht mehr befassten, sagt Zentrumsdirektor Richard Dieter. Dass aber viele Todesurteile Fehlurteile seien, stehe fest: Seit 1973 seien in den USA 138 zum Tod verurteilte als unschuldig aus der Haft entlassen worden.